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Revision des Beschaffungsrechts – Auswirkungen für die Bauwirtschaft?

Revision des Beschaffungsrechts – Auswirkungen für die Bauwirtschaft?

16. April 2020

16. April 2020

Noch ist das neue Beschaffungsrecht noch nicht in Kraft. Die voraussichtlich ab 2021 geltenden Änderungen werden auch die Bauwirtschaft betreffen, wie stark, das bleibt jedoch abzuwarten, wie nachfolgend gezeigt wird.


Bund und Kantone tätigen jährlich Beschaffungen im Wert von über 40 Milliarden Franken. Allein diese zeigt die Bedeutung eines griffigen Beschaffungsrechts, welches die grosse Aufgabe hat, dafür zu sorgen, dass dieses enorme Volumen von staatlichen Aufträgen in einem transparenten Verfahren an die Anbieter vergeben und dabei die Steuergelder effizient und nachhaltig eingesetzt werden. Einen beträchtlichen Teil der öffentlichen Beschaffungen entfällt auf die Bauwirtschaft. Nachfolgend sollen die (möglichen) Auswirkungen einiger Neuerungen auf die Bauwirtschaft betrachtet werden.

Neue Beschaffungsform Dialogverfahren

Bei einem Blick in den Gesetzesentwurf sticht bei den zulässigen Beschaffungsarten das nun auch auf kantonaler Ebene neu geschaffene Dialogverfahren ins Auge, welches den Vergabestellen neben den bisherigen offenen, selektiven, Einladungs- und freihändigen Verfahren ein weiteres Instrument zur Verfügung stellt. Das Dialogverfahren ist insbesondere für komplexe Beschaffungen vorgesehen, bei welchen die Vergabestelle zwar das grundsätzliche Ziel kennt, den Weg dahin bzw. die dafür notwendigen Leistungen nicht genügend definieren kann. Mit dem Dialogverfahren wird es möglich, mit den Anbietern gemeinsam Lösungswege auszuloten, diese zu konkretisieren und dann festzulegen.

Die Auftraggeberin gibt in den Ausschreibungsunterlagen ihre Wünsche und Anforderungen bekannt und weist darauf hin, aufgrund welcher (Eignungs-)Kriterien sie die Dialogpartnerinnen auswählt. Der Dialog wird in erster Linie bilateral mit den einzelnen Anbieterinnen geführt und soll sich auf deren Lösungen und Vorschläge stützen. Je nach Umfang des zu beschaffenden Gegenstands bzw. der Komplexität der sich stellenden Fragen, kann die Auftraggeberin den Dialog in verschiedene aufeinander folgende Phasen aufteilen, bei denen der Beschaffungsgegenstand laufend eingegrenzt werden kann. Zeigt sich während des Verfahrens, dass eine der Dialogpartnerinnen vernünftigerweise nicht für den Zuschlag in Frage kommt, braucht die Auftraggeberin den Dialog mit dieser Anbieterin nicht fortzuführen. Eine Mitteilung an diese Anbieterin in Form einer anfechtbaren Verfügung kann sogleich oder erst zum Zeitpunkt des Zuschlags erfolgen. Die im Dialog verbliebenen Anbieterinnen werden über den Abschluss des Dialogs und die relevanten Ergebnisse orientiert und aufgefordert, innert Frist ihr endgültiges vollständiges Angebot einzureichen. Die Auftraggeberin beurteilt die eingereichten Angebote anhand der in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Zuschlagskriterien und wählt das wirtschaftlich günstigste Angebot aus.

Dialogverfahren bei Bauvorhaben

Das Dialogverfahren wurde insbesondere für intellektuelle komplexe Leistungen (wie etwa im Bereich IT) geschaffen, da dort mit den bisherigen starren Verfahren die Schaffung von Innovationen oder neuartigen Systemen für die öffentliche Hand nicht möglich war.  Grundsätzlich ist das Dialogverfahren aber auch bei komplexen Bauvorhaben denkbar. Gerade zur Findung besonders anspruchsvoller und komplexer bautechnischer Lösungen ist es vorstellbar, diese Lösung im Rahmen eines Dialogverfahrens erarbeiten zu lassen. Mit der Einführung des Dialogverfahrens wird auch die (bisher umstrittene) Frage der vergaberechtlichen Zulässigkeit der Durchführung nicht anonymer Studienaufträge nach Ordnung SIA 143 geklärt bzw. lassen sich dabei auch anderweitige lösungsorientierte Beschaffungsverfahren umsetzen, wenn die Grundlagen / Anforderung noch nicht genügen bekannt sind, um einen konventionellen Wettbewerb durchzuführen.

Wichtiger Hinweis

Es wird jedoch abzuwarten sein, ob dem Dialogverfahren zukünftig effektiv die Rolle zukommen wird, welche man sich davon verspricht. Denn die rechtlichen und formellen Anforderungen und damit der Aufwand werden beim Dialogverfahren nicht weniger,

Im Gegenteil: Der Dialog durchbricht den vergaberechtlichen Grundsatz, dass Vergabestelle und Anbieter während der Angebotsevaluation nicht verhandeln dürfen. Preisverhandlungen sind auch mit dem Dialogverfahren weiterhin nicht zulässig. Die Verhandlungen über Lösungen und Ideen von der Preisverhandlung strikte zu trennen und ein Dialogverfahren so zu führen und dass Transparenz,  Nachvollziehbarkeit und eine allfällige gerichtlichen Überprüfung über die verschiedenen Etappen gewährleistet und  alle Etappen des Dialogs dokumentiert sind, wird eine Herausforderung werden. Die entsprechende Entwicklung von griffigen Leitfäden und eine klare Rechtsprechung was möglich ist und was nicht, wird erst nach einigen Jahren vorliegen. Es bleibt zu hoffen, dass die Vergabestellen die entsprechend grösseren Aufwendungen zu Beginn nicht scheuen und den Schritt in eine neue Verfahrensart wagen, damit das Dialogverfahren nicht ein toter Buchstabe wird.

Rahmenverträge

Neben dem Dialogverfahren werden auch die neuen Vorschriften zur Zulässigkeit und Anforderungen an Rahmenverträgen für die Bauwirtschaft von Bedeutung sein. Rahmenverträge kommen insbesondere dann zum Einsatz, wenn grössere Mengen von gleichartigen Leistungen über einen längeren Zeitraum beschafft werden müssen, die genaue Menge und den Zeitpunkt des Bedarfs sich aber noch nicht festlegen lässt. Anstatt mehrere sich inhaltlich wiederholende Ausschreibungen durchzuführen, kann eine Vergabestelle einen Rahmenvertrag ausschreiben. Dieser hat aber die nachgefragten Leistungen so konkret zu definieren, dass ein Anbieter entsprechende Einheits-/Mengenpreise offerieren kann und gestützt auf die Zuschlagserteilung später ohne erneute Ausschreibung die Einzelverträge abgeschlossen, bzw. die konkret benötigten Mengen abgerufen werden können.

Beschränkter Einsatz von Rahmenverträgen

Auch beim Rahmenvertrag sind aber die allgemeingültigen Vergaberechtsgrundsätze einzuhalten, Rahmenverträge dürfen den Wettbewerb weder beseitigen noch behindern, weshalb die Laufzeiten der Rahmenverträge auf fünf Jahre beschränkt sind. Ebenso muss sich ein Rahmenvertrag auf eine konkrete spezifische Leistung beziehen. Es wäre somit nicht zulässig, dass eine Gemeinde in einer Ausschreibung alle Strassenarbeiten in den nächsten fünf Jahren in einem Rahmenvertrag vergibt.  Damit würde eine beträchtliche Anzahl sachlich getrennter Beschaffungen für Jahre dem Wettbewerb entzogen. Ein Rahmenvertrag bildet keinen Ersatz für eine mangelhafte Leistungsbeschreibung, sondern erfordert gerade eine besonders detaillierte Definition der nachgefragten Leistungen. Möglich ist aber etwa ein Rahmenvertrag für konkrete Wartungs- und Servicearbeiten, oder bei der Nachfrage von klar definierten Produkten, bei denen die benötigten Mengen sich für die kommenden Jahre noch nicht abschliessend bestimmen lassen, jedoch klar ist, dass die Leistungen immer wieder benötigt bzw. eingekauft werden müssen.

 

Ein Rahmenvertrag kann entweder nur einer Anbieterin abgeschlossen werden, es ist aber vom Gesetzgeber auch vorgesehen, bei zureichenden Gründen Rahmenverträge für mehrere Anbieterinnen auszuschreiben und abzuschliessen.

Die Leistungen werden in einem solchen Modell entweder anhand der in der Rahmenvertragsabschreibung definierten Kriterien abgerufen oder die Aufträge werden unter den Rahmenvertragspartner in einem sogenannten «Mini-Tender Verfahren», einen transparenten Verfahren mit klaren Spielregeln an den wirtschaftlich günstigsten Anbieter der Rahmenvertragspartner vergeben. Die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze, insbesondere das Prinzip der wirtschaftlichen Beschaffung, ist durchgehend zu gewährleisten.

Zuschlagskriterien / wirtschaftlich günstigstes Angebot

Besonders kontrovers diskutiert in der (aktuell noch laufenden) parlamentarischen Beratung wurden die Regelung betreffend Zuschlagskriterien, dem eigentlichen Kernpunkt des Beschaffungsrechts. Anhand der Zuschlagskriterien wird das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt. So wurde von verschiedensten Seiten gefordert, dass der Gesetzeswortlaut, nicht wie bisher den Zuschlag an das wirtschaftlich günstigste Angebot, sondern an das «vorteilhafteste» Angebot vorschreiben soll. Schlussendlich wurde das so im neuen Gesetz übernommen. Aus rechtlicher Sicht ist aber die Änderung vom wirtschaftlich günstigstem zum vorteilhaftesten Angebot auch nicht entscheidend, denn es sind die Vergabestellen, welche durch die Definition der Zuschlagskriterien festlegen, was für sie das wirtschaftlich günstigste Angebot ausmacht.

Die Wahl der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bleibt Aufgabe der Vergabestellen

Die Diskussionen über diese Zuschlagskriterien wurden im Parlament sehr lebhaft und kontrovers geführt. Das Studium der Voten der Parlamentarier in der Beratung in Kommissionen und Räten aber auch die entsprechenden Vernehmlassungen diverser Interessensgruppen macht deutlich, wie viele verschiedene Interessen in das neue Beschaffungsrecht eingebracht worden sind, bzw. zumindest eingebracht werden wollten. Insbesondere bei der Diskussion über die Zuschlagskriterien, welche für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes zugelassen sein sollen, wurden von Seiten aller politischen Couleurs intensiv diskutiert, wie weit rechtlich und sachlich diese Kriterien auch einen Heimat-, Umwelt-, Arbeitsplatz- und Werkplatzschutz beinhalten können.

Aus rechtlicher Sicht ist es begrüssenswert, dass im vorliegend Gesetzesentwurf und der Botschaft und auch in der bisherigen Beratung im Parlament diesen Gelüsten nicht nachgegeben worden ist. Denn das Vergaberecht soll sicherstellen, dass die öffentliche Hand in einem transparenten Verfahren ihre Beschaffungen effizient und wirtschaftlich tätigt. Das Vergaberecht hat nicht die Aufgabe, Umweltschutz oder Werkplatzschutz zu betreiben. Solche (berechtigte) Anliegen der Bevölkerung und Politik sollen in den entsprechenden dafür vorgesehenen Gesetzen Eingang finden. Dem Vergaberecht kann nicht die Rolle der «eierlegenden Wollmilchsau» zukommen, neben den verfahrensrechtlichen Leitplanken für eine transparente und wirtschaftliche Beschaffung auch noch umwelt- und strukturpolitische Anliegen umzusetzen.

Mit den neu im Gesetz definierten Zuschlagskriterien wird klar festgehalten, dass eine Vergabestelle neben dem Preis einer Leistung auch Kriterien wie Qualität, Zweckmässigkeit, Termine, technischer Wert, Wirtschaftlichkeit, Lebenszykluskosten, Ästhetik, Nachhaltigkeit, Kreativität, Kundendienst, Lieferbedingungen, Infrastruktur, Innovationsgehalt, Funktionalität, Servicebereitschaft, Fachkompetenz oder Effizienz der Methodik berücksichtigen kann.

Zuschlagskriterien leistungsbezogen festlegen

Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass der Preis ein zwingendes Kriterium sein muss. Daneben haben aber Vergabestellen auch unter dem neuen Beschaffungsrecht die Möglichkeit, den Schwerpunkt einer Beschaffung auf die Qualität und Nachhaltigkeit zu legen. Viele Verbände und politische Gruppierungen haben sich in der Debatte um die Frage, was das wirtschaftlich günstigstes Angebot ausmacht bzw. ausmachen soll, zu Wort gemeldet und kritisiert, dass dem Preis in der Regel ein zu starkes Gewicht beigemessen wird. Die Festlegung und Gewichtung der Zuschlagskriterien kann der Gesetzgeber aber nicht festlegen, denn dies müssen die Vergabestellen in jedem einzelnen Fall für ihre konkrete Beschaffung tun. Daran ändert auch die Gesetzesrevision nichts. Es ist schon unter dem geltendem Recht möglich, dass eine Vergabestelle etwa bei der Beschaffung von Planerleistungen den qualitativen Kriterien mehr Gewicht einräumt. Es ist zu begrüssen, dass mit der Revision die verschiedenen möglichen Zuschlagskriterien (nicht abschliessend) gesetzlich definiert werden. Dies war aber bereits in vielen kantonalen Submissionsverordnungen schon der Fall.

In der Praxis zeigt sich, dass von einer auftragsspezifischen Wahl und Gewichtung der Zuschlagskriterien wenig Gebrauch gemacht wird. Dies mag sicher auch daran liegen, dass die konkrete Umsetzung solch «weicher» Kriterien in der Ausschreibung alles andere als einfach ist. Während sich der Preis einfach und objektiv bewerten lässt, ist eine griffige Bewertung des Kriteriums Nachhaltigkeit oder auch Qualität komplex. Die Einöde bei der Wahl der Zuschlagskriterien und die starke Gewichtung des Preiskriteriums hat aber auch damit zu tun, dass viele Vergabestellen gerne auf vorgefertigte Ausschreibungsunterlagen zurückgreifen und den Aufwand scheuen, die Kriterien bei jeder Beschaffung jeweils auf die konkret zu beschaffende Leistung masszuschneidern, sondern für ganz unterschiedliche Beschaffungen dieselben standardisierten Zuschlagskriterien verwenden.

Es bleibt zu hoffen, dass die im Rahmen der Gesetzesrevision geführten Diskussionen über die Kriterien zur Ermittlung des wirtschaftlich besten Angebotes längerfristig nachhallen. Denn es bringt nichts, wenn der Gesetzgeber den Vergabestellen griffige Werkzeuge in die Hand gibt, um die allseits lamentierten Baustellen im Beschaffungswesen zu beheben und die Vergabestellen diese dann trotzdem nicht verwenden. Will man die – vorhandenen – Probleme bei der Ermittlung des wirtschaftlich besten Angebotes angehen, kann man die Verantwortung nicht nur dem Gesetzgeber überlassen. Es sind die Vergabestellen, welche die Zuschlagskriterien und die Ausschreibung und damit die Spielregeln weitgehend definieren können.

Noch ist das neue Beschaffungsrecht noch nicht in Kraft. Die voraussichtlich ab 2021 geltenden Änderungen werden auch die Bauwirtschaft betreffen, wie stark, das bleibt jedoch abzuwarten, wie nachfolgend gezeigt wird.


Bund und Kantone tätigen jährlich Beschaffungen im Wert von über 40 Milliarden Franken. Allein diese zeigt die Bedeutung eines griffigen Beschaffungsrechts, welches die grosse Aufgabe hat, dafür zu sorgen, dass dieses enorme Volumen von staatlichen Aufträgen in einem transparenten Verfahren an die Anbieter vergeben und dabei die Steuergelder effizient und nachhaltig eingesetzt werden. Einen beträchtlichen Teil der öffentlichen Beschaffungen entfällt auf die Bauwirtschaft. Nachfolgend sollen die (möglichen) Auswirkungen einiger Neuerungen auf die Bauwirtschaft betrachtet werden.

Neue Beschaffungsform Dialogverfahren

Bei einem Blick in den Gesetzesentwurf sticht bei den zulässigen Beschaffungsarten das nun auch auf kantonaler Ebene neu geschaffene Dialogverfahren ins Auge, welches den Vergabestellen neben den bisherigen offenen, selektiven, Einladungs- und freihändigen Verfahren ein weiteres Instrument zur Verfügung stellt. Das Dialogverfahren ist insbesondere für komplexe Beschaffungen vorgesehen, bei welchen die Vergabestelle zwar das grundsätzliche Ziel kennt, den Weg dahin bzw. die dafür notwendigen Leistungen nicht genügend definieren kann. Mit dem Dialogverfahren wird es möglich, mit den Anbietern gemeinsam Lösungswege auszuloten, diese zu konkretisieren und dann festzulegen.

Die Auftraggeberin gibt in den Ausschreibungsunterlagen ihre Wünsche und Anforderungen bekannt und weist darauf hin, aufgrund welcher (Eignungs-)Kriterien sie die Dialogpartnerinnen auswählt. Der Dialog wird in erster Linie bilateral mit den einzelnen Anbieterinnen geführt und soll sich auf deren Lösungen und Vorschläge stützen. Je nach Umfang des zu beschaffenden Gegenstands bzw. der Komplexität der sich stellenden Fragen, kann die Auftraggeberin den Dialog in verschiedene aufeinander folgende Phasen aufteilen, bei denen der Beschaffungsgegenstand laufend eingegrenzt werden kann. Zeigt sich während des Verfahrens, dass eine der Dialogpartnerinnen vernünftigerweise nicht für den Zuschlag in Frage kommt, braucht die Auftraggeberin den Dialog mit dieser Anbieterin nicht fortzuführen. Eine Mitteilung an diese Anbieterin in Form einer anfechtbaren Verfügung kann sogleich oder erst zum Zeitpunkt des Zuschlags erfolgen. Die im Dialog verbliebenen Anbieterinnen werden über den Abschluss des Dialogs und die relevanten Ergebnisse orientiert und aufgefordert, innert Frist ihr endgültiges vollständiges Angebot einzureichen. Die Auftraggeberin beurteilt die eingereichten Angebote anhand der in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Zuschlagskriterien und wählt das wirtschaftlich günstigste Angebot aus.

Dialogverfahren bei Bauvorhaben

Das Dialogverfahren wurde insbesondere für intellektuelle komplexe Leistungen (wie etwa im Bereich IT) geschaffen, da dort mit den bisherigen starren Verfahren die Schaffung von Innovationen oder neuartigen Systemen für die öffentliche Hand nicht möglich war.  Grundsätzlich ist das Dialogverfahren aber auch bei komplexen Bauvorhaben denkbar. Gerade zur Findung besonders anspruchsvoller und komplexer bautechnischer Lösungen ist es vorstellbar, diese Lösung im Rahmen eines Dialogverfahrens erarbeiten zu lassen. Mit der Einführung des Dialogverfahrens wird auch die (bisher umstrittene) Frage der vergaberechtlichen Zulässigkeit der Durchführung nicht anonymer Studienaufträge nach Ordnung SIA 143 geklärt bzw. lassen sich dabei auch anderweitige lösungsorientierte Beschaffungsverfahren umsetzen, wenn die Grundlagen / Anforderung noch nicht genügen bekannt sind, um einen konventionellen Wettbewerb durchzuführen.

Wichtiger Hinweis

Es wird jedoch abzuwarten sein, ob dem Dialogverfahren zukünftig effektiv die Rolle zukommen wird, welche man sich davon verspricht. Denn die rechtlichen und formellen Anforderungen und damit der Aufwand werden beim Dialogverfahren nicht weniger,

Im Gegenteil: Der Dialog durchbricht den vergaberechtlichen Grundsatz, dass Vergabestelle und Anbieter während der Angebotsevaluation nicht verhandeln dürfen. Preisverhandlungen sind auch mit dem Dialogverfahren weiterhin nicht zulässig. Die Verhandlungen über Lösungen und Ideen von der Preisverhandlung strikte zu trennen und ein Dialogverfahren so zu führen und dass Transparenz,  Nachvollziehbarkeit und eine allfällige gerichtlichen Überprüfung über die verschiedenen Etappen gewährleistet und  alle Etappen des Dialogs dokumentiert sind, wird eine Herausforderung werden. Die entsprechende Entwicklung von griffigen Leitfäden und eine klare Rechtsprechung was möglich ist und was nicht, wird erst nach einigen Jahren vorliegen. Es bleibt zu hoffen, dass die Vergabestellen die entsprechend grösseren Aufwendungen zu Beginn nicht scheuen und den Schritt in eine neue Verfahrensart wagen, damit das Dialogverfahren nicht ein toter Buchstabe wird.

Rahmenverträge

Neben dem Dialogverfahren werden auch die neuen Vorschriften zur Zulässigkeit und Anforderungen an Rahmenverträgen für die Bauwirtschaft von Bedeutung sein. Rahmenverträge kommen insbesondere dann zum Einsatz, wenn grössere Mengen von gleichartigen Leistungen über einen längeren Zeitraum beschafft werden müssen, die genaue Menge und den Zeitpunkt des Bedarfs sich aber noch nicht festlegen lässt. Anstatt mehrere sich inhaltlich wiederholende Ausschreibungen durchzuführen, kann eine Vergabestelle einen Rahmenvertrag ausschreiben. Dieser hat aber die nachgefragten Leistungen so konkret zu definieren, dass ein Anbieter entsprechende Einheits-/Mengenpreise offerieren kann und gestützt auf die Zuschlagserteilung später ohne erneute Ausschreibung die Einzelverträge abgeschlossen, bzw. die konkret benötigten Mengen abgerufen werden können.

Beschränkter Einsatz von Rahmenverträgen

Auch beim Rahmenvertrag sind aber die allgemeingültigen Vergaberechtsgrundsätze einzuhalten, Rahmenverträge dürfen den Wettbewerb weder beseitigen noch behindern, weshalb die Laufzeiten der Rahmenverträge auf fünf Jahre beschränkt sind. Ebenso muss sich ein Rahmenvertrag auf eine konkrete spezifische Leistung beziehen. Es wäre somit nicht zulässig, dass eine Gemeinde in einer Ausschreibung alle Strassenarbeiten in den nächsten fünf Jahren in einem Rahmenvertrag vergibt.  Damit würde eine beträchtliche Anzahl sachlich getrennter Beschaffungen für Jahre dem Wettbewerb entzogen. Ein Rahmenvertrag bildet keinen Ersatz für eine mangelhafte Leistungsbeschreibung, sondern erfordert gerade eine besonders detaillierte Definition der nachgefragten Leistungen. Möglich ist aber etwa ein Rahmenvertrag für konkrete Wartungs- und Servicearbeiten, oder bei der Nachfrage von klar definierten Produkten, bei denen die benötigten Mengen sich für die kommenden Jahre noch nicht abschliessend bestimmen lassen, jedoch klar ist, dass die Leistungen immer wieder benötigt bzw. eingekauft werden müssen.

 

Ein Rahmenvertrag kann entweder nur einer Anbieterin abgeschlossen werden, es ist aber vom Gesetzgeber auch vorgesehen, bei zureichenden Gründen Rahmenverträge für mehrere Anbieterinnen auszuschreiben und abzuschliessen.

Die Leistungen werden in einem solchen Modell entweder anhand der in der Rahmenvertragsabschreibung definierten Kriterien abgerufen oder die Aufträge werden unter den Rahmenvertragspartner in einem sogenannten «Mini-Tender Verfahren», einen transparenten Verfahren mit klaren Spielregeln an den wirtschaftlich günstigsten Anbieter der Rahmenvertragspartner vergeben. Die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze, insbesondere das Prinzip der wirtschaftlichen Beschaffung, ist durchgehend zu gewährleisten.

Zuschlagskriterien / wirtschaftlich günstigstes Angebot

Besonders kontrovers diskutiert in der (aktuell noch laufenden) parlamentarischen Beratung wurden die Regelung betreffend Zuschlagskriterien, dem eigentlichen Kernpunkt des Beschaffungsrechts. Anhand der Zuschlagskriterien wird das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt. So wurde von verschiedensten Seiten gefordert, dass der Gesetzeswortlaut, nicht wie bisher den Zuschlag an das wirtschaftlich günstigste Angebot, sondern an das «vorteilhafteste» Angebot vorschreiben soll. Schlussendlich wurde das so im neuen Gesetz übernommen. Aus rechtlicher Sicht ist aber die Änderung vom wirtschaftlich günstigstem zum vorteilhaftesten Angebot auch nicht entscheidend, denn es sind die Vergabestellen, welche durch die Definition der Zuschlagskriterien festlegen, was für sie das wirtschaftlich günstigste Angebot ausmacht.

Die Wahl der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung bleibt Aufgabe der Vergabestellen

Die Diskussionen über diese Zuschlagskriterien wurden im Parlament sehr lebhaft und kontrovers geführt. Das Studium der Voten der Parlamentarier in der Beratung in Kommissionen und Räten aber auch die entsprechenden Vernehmlassungen diverser Interessensgruppen macht deutlich, wie viele verschiedene Interessen in das neue Beschaffungsrecht eingebracht worden sind, bzw. zumindest eingebracht werden wollten. Insbesondere bei der Diskussion über die Zuschlagskriterien, welche für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes zugelassen sein sollen, wurden von Seiten aller politischen Couleurs intensiv diskutiert, wie weit rechtlich und sachlich diese Kriterien auch einen Heimat-, Umwelt-, Arbeitsplatz- und Werkplatzschutz beinhalten können.

Aus rechtlicher Sicht ist es begrüssenswert, dass im vorliegend Gesetzesentwurf und der Botschaft und auch in der bisherigen Beratung im Parlament diesen Gelüsten nicht nachgegeben worden ist. Denn das Vergaberecht soll sicherstellen, dass die öffentliche Hand in einem transparenten Verfahren ihre Beschaffungen effizient und wirtschaftlich tätigt. Das Vergaberecht hat nicht die Aufgabe, Umweltschutz oder Werkplatzschutz zu betreiben. Solche (berechtigte) Anliegen der Bevölkerung und Politik sollen in den entsprechenden dafür vorgesehenen Gesetzen Eingang finden. Dem Vergaberecht kann nicht die Rolle der «eierlegenden Wollmilchsau» zukommen, neben den verfahrensrechtlichen Leitplanken für eine transparente und wirtschaftliche Beschaffung auch noch umwelt- und strukturpolitische Anliegen umzusetzen.

Mit den neu im Gesetz definierten Zuschlagskriterien wird klar festgehalten, dass eine Vergabestelle neben dem Preis einer Leistung auch Kriterien wie Qualität, Zweckmässigkeit, Termine, technischer Wert, Wirtschaftlichkeit, Lebenszykluskosten, Ästhetik, Nachhaltigkeit, Kreativität, Kundendienst, Lieferbedingungen, Infrastruktur, Innovationsgehalt, Funktionalität, Servicebereitschaft, Fachkompetenz oder Effizienz der Methodik berücksichtigen kann.

Zuschlagskriterien leistungsbezogen festlegen

Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass der Preis ein zwingendes Kriterium sein muss. Daneben haben aber Vergabestellen auch unter dem neuen Beschaffungsrecht die Möglichkeit, den Schwerpunkt einer Beschaffung auf die Qualität und Nachhaltigkeit zu legen. Viele Verbände und politische Gruppierungen haben sich in der Debatte um die Frage, was das wirtschaftlich günstigstes Angebot ausmacht bzw. ausmachen soll, zu Wort gemeldet und kritisiert, dass dem Preis in der Regel ein zu starkes Gewicht beigemessen wird. Die Festlegung und Gewichtung der Zuschlagskriterien kann der Gesetzgeber aber nicht festlegen, denn dies müssen die Vergabestellen in jedem einzelnen Fall für ihre konkrete Beschaffung tun. Daran ändert auch die Gesetzesrevision nichts. Es ist schon unter dem geltendem Recht möglich, dass eine Vergabestelle etwa bei der Beschaffung von Planerleistungen den qualitativen Kriterien mehr Gewicht einräumt. Es ist zu begrüssen, dass mit der Revision die verschiedenen möglichen Zuschlagskriterien (nicht abschliessend) gesetzlich definiert werden. Dies war aber bereits in vielen kantonalen Submissionsverordnungen schon der Fall.

In der Praxis zeigt sich, dass von einer auftragsspezifischen Wahl und Gewichtung der Zuschlagskriterien wenig Gebrauch gemacht wird. Dies mag sicher auch daran liegen, dass die konkrete Umsetzung solch «weicher» Kriterien in der Ausschreibung alles andere als einfach ist. Während sich der Preis einfach und objektiv bewerten lässt, ist eine griffige Bewertung des Kriteriums Nachhaltigkeit oder auch Qualität komplex. Die Einöde bei der Wahl der Zuschlagskriterien und die starke Gewichtung des Preiskriteriums hat aber auch damit zu tun, dass viele Vergabestellen gerne auf vorgefertigte Ausschreibungsunterlagen zurückgreifen und den Aufwand scheuen, die Kriterien bei jeder Beschaffung jeweils auf die konkret zu beschaffende Leistung masszuschneidern, sondern für ganz unterschiedliche Beschaffungen dieselben standardisierten Zuschlagskriterien verwenden.

Es bleibt zu hoffen, dass die im Rahmen der Gesetzesrevision geführten Diskussionen über die Kriterien zur Ermittlung des wirtschaftlich besten Angebotes längerfristig nachhallen. Denn es bringt nichts, wenn der Gesetzgeber den Vergabestellen griffige Werkzeuge in die Hand gibt, um die allseits lamentierten Baustellen im Beschaffungswesen zu beheben und die Vergabestellen diese dann trotzdem nicht verwenden. Will man die – vorhandenen – Probleme bei der Ermittlung des wirtschaftlich besten Angebotes angehen, kann man die Verantwortung nicht nur dem Gesetzgeber überlassen. Es sind die Vergabestellen, welche die Zuschlagskriterien und die Ausschreibung und damit die Spielregeln weitgehend definieren können.


lic.iur. Christoph Schärli,  Partner | Rechtsanwalt, Viadukt Recht GmbH

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