Skip to main content

Preisanpassungen bei Bereinigung von Angeboten nach dem neuen Recht– Rechtsprechung zum neuen Art. 39 IVöB/BöB

Preisanpassungen bei Bereinigung von Angeboten nach dem neuen Recht– Rechtsprechung zum neuen Art. 39 IVöB/BöB

22. Mai 2024

22. Mai 2024

Das Verwaltungsgericht Bern hat sich in einem kürzlich veröffentlichten Entscheid vom 4. April 2024 Nr. 04.04.2024 100 2024 8 mit dem neuen Artikel 39 IVöB zur Zulässigkeit von Angebotsbereinigungen auseinandergesetzt. Der Entscheid ist meines Wissens der erste Entscheid, der zur Frage der Bereinigung von Angeboten nach der neuen IVöB-Revision erfolgt ist und verdient deshalb Beachtung.

Fall in Kürze:

Die Ausschreibung betraf die Beschaffung eines intelligenten Messsystems (iMS, Smart Metering). Es gingen für das streitgegenständliche Los vier Angebote ein. Die Vergabestelle stellte nach Auswertung der Angebote fest, dass trotz der Fragenbeantwortung auf simap.ch die Spezifikation der Datenmengen in der Ausschreibung unklar war und offenbar von den Anbieterinnen unterschiedlich verstanden wurde, was dazu führte, dass sich die eingereichten Angebote nicht vergleichen liessen. Die Vergabestelle ersuchte somit die Anbieterinnen, die Preise auf einer von ihr neu definierten Berechnungsgrundlage zu überprüfen bzw. neu zu berechnen und – sollte eine Anpassung erforderlich sein – ein aktualisiertes Preisblatt einzureichen.

Daraufhin nahmen abgesehen von der Beschwerdeführerin alle Anbieterinnen eine Anpassung ihrer Offerten inkl. neuer Preisberechnung vor. Nach der Bereinigung bewertete die Vergabestelle die angepassten Angebote. Die drittplatzierte Beschwerdeführerin reichte Beschwerde gegen den Zuschlag beim Regierungsstatthalteramt Biel/Bienne ein. Gegen den abschlägigen Entscheid gelangte sie ans Verwaltungsgericht.

Das Verwaltungsgericht hat sich im Entscheid ausführlich mit den nach neuer IVöB geltenden Leitplanken der Angebotsbereinigung auseinandergesetzt:

Überlegungen des Verwaltungsgerichts:

Gemäß der revidierten IVöB ist es den Vergabebehörden ausdrücklich erlaubt, die Angebote mit den Anbietenden hinsichtlich der Leistungen und der Modalitäten ihrer Erbringung zu bereinigen, um das vorteilhafteste Angebot zu ermitteln (Art. 39 Abs. 1 IVöB). Wenn eine Vergabebehörde nach Ausschöpfung der in Art. 38 IVöB vorgesehenen Möglichkeiten der Angebotsprüfung zum Schluss kommt, dass die Angebote objektiv nicht vergleichbar bzw. hinreichend klar sind, kann sie mit den Anbietenden sog. technische Verhandlungen führen, um eine bereinigte Entscheidungsgrundlage zu erhalten (vgl. Musterbotschaft vom 16.01.2020 zur Totalrevision der IVöB, S. 79).

Eine Bereinigung nach Art. 39 Abs. 2 IVöB ist jedoch nur zulässig, wenn erst dadurch der Auftrag geklärt bzw. die Angebote nach Massgabe der Zuschlagskriterien objektiv vergleichbar gemacht werden können oder wenn Leistungsänderungen objektiv und sachlich geboten sind.

Grenzen einer Bereinigung:

Entscheidend ist, dass der Leistungsgegenstand, die Kriterien und die Spezifikationen dabei nicht in einer Weise angepasst werden, die zu einer Veränderung der charakteristischen Leistung oder des potentiellen Anbieterkreises führen, andernfalls das Verfahren zwingend abzubrechen und eine Neuausschreibung vorzunehmen ist (Bst. b und Art. 43 Abs. 1 Bst. f IVöB).

Nicht erlaubt ist grundsätzlich die Verhandlung über den Angebotspreis bzw. die Durchführung sog. Abgebotsrunden, die einzig dazu dienen, den Angebotspreis zu senken (Art. 11 Bst. d IVöB). Dies gilt aber nicht absolut: Denn nach den Erwägungen des Verwaltungsgerichts darf im Rahmen einer zulässigen Bereinigung gemäß Art. 39 IVöB im Rahmen der Änderungen am Leistungsinhalt auch Anpassungen auf der Preisseite erfolgen (vgl. Musterbotschaft IVöB, S. 79; Botschaft BöB, S. 1954). Entsprechend bestimmt Art. 39 Abs. 3 IVöB, dass Preisanpassungen möglich sind, sofern sie in Zusammenhang mit den Tatbeständen von Art. 39 Abs. 2 IVöB stehen.

Allfällige Veränderungen des Angebotspreises setzen demnach einen konkreten Anlass voraus und müssen so als direkte Folge einer zulässigerweise vorgenommenen Bereinigung erscheinen. Die Preisanpassung darf indessen das ursprünglich angebotene Preis-Leistungs-Verhältnis nicht wesentlich verändern, ansonsten fehlt es regelmäßig an der erforderlichen sachlichen Begründung dafür.

Anbietenden dürfen keine Vorteile gewährt oder Nachteile auferlegt werden, die für die anderen nicht auch gelten. Ebenso wenig darf einseitig zugunsten oder zulasten einzelner Anbieterinnen in den Wettbewerb eingegriffen werden. Das Vergabeverfahren muss für alle Anbietenden nicht nur formell, sondern auch materiell gleichwertige Wettbewerbsbedingungen gewährleisten.

Fallbezogene Entscheidungen:

Im betreffenden Fall war unter anderem strittig, ob eine Bereinigung auch dann möglich ist, wenn die Anbieterinnen bereits Einsicht in das Offertöffnungsprotokoll nehmen konnten. Das Gericht entschied, dass der Umstand, dass die Anbieterinnen bereits Einsicht in das Offertöffnungsprotokoll hatten, einer Bereinigung nach Art. 39 IVöB nicht per se entgegenstand. Entscheidend sei immer der konkrete Fall: Wenn die Anbieterinnen nur den Endpreis der anderen Angebote kennen würden, könnten sie daraus für eine Bereinigungsrunde keine Rückschlüsse ziehen, ob die anderen Anbieterinnen den Preis aufgrund der die Ausschreibungen präzisierenden Angaben anpassen würden und in welche Richtung. Zudem mussten die Anbieterinnen eine Anpassung der Preise aufgrund der neu genannten Datenmengen begründen und die Anpassungen mussten zum Erstangebot plausibel sein. Die Anbieterinnen konnten somit die Preise nicht einfach spekulativ anpassen, sondern die Anpassungen mussten im Einklang mit dem in der Erstofferte stehenden Preis-Leistungsverhältnis stehen.

Das Gericht wies weiter darauf hin, dass sich mit der neuen IVöB auch die Anforderungen geändert hätten. So wären nach dem alten Recht in den Kantonen jeweils Verhandlungen über Angebotsbestandteile und Preis gänzlich ausgeschlossen gewesen. Art. 39 Abs. 3 IVöB halte aber ausdrücklich fest, dass eine Aufforderung zur Preisanpassung nur im Zusammenhang mit den Tatbeständen von Absatz 2 zulässig sei. Somit sind Preisanpassungen ausdrücklich erlaubt, wenn es zu Anpassungen des Leistungsumfangs kommt.

Fazit:

Somit ist nach neuer Rechtsprechung und Auslegung der IVöB folgendes festzuhalten: Wenn die Angebote objektiv nicht vergleichbar sind, muss die Vergabestelle prüfen, ob sie eine Bereinigung durchführen kann, indem sie etwa den Anbieterinnen noch weitere Informationen oder Mengen angibt, nach welchen diese eine angepasste Offerte einreichen können. Dies bedingt, dass auch Preisanpassungen möglich sein müssen (ansonsten eine Bereinigung ja gar nicht möglich ist). Dies etwa in einem Fall, in dem klar wird, dass die Anbieterinnen ihre Offerte auf unterschiedliche Mengenangaben oder andere preisrelevante Voraussetzungen abgestützt haben. Die Anbieterinnen dürfen aber die Preise nur insoweit anpassen, als die Anpassungen mit den geänderten Mengenangaben begründet werden können. Das eigentliche Preis-Leistungsverhältnis darf sich nicht relevant ändern. Die Vergabestelle muss (führt sie eine solche Bereinigung durch) prüfen, wie sich die Angebote im Preis-Leistungsverhältnis vor und nach der Bereinigung verhalten (vgl. E.5.2 des Entscheides).

Als grundsätzlich unzulässig wurde eine Anpassung des Preismodells beurteilt. Doch auch dies ist immer unter dem Lichte der Verhältnismässigkeit zu beurteilen. Das Gericht kam zum Schluss, dass zwar im betreffenden Fall es bei der Bereinigung zu einer Anpassung des Preismodells gekommen sei, diese zwar grundsätzlich unzulässig sei, im konkreten Fall dies aber nur zu einer Abweichung von knapp CHF 10'000.- (1.6% des Gesamtpreises) geführt habe und dies somit auch nicht relevant für den Ausgang des Verfahrens gewesen sei. Die Preisanpassungen im Rahmen der Angebotsbereinigung wurden vom Verwaltungsgericht Bern als sachlich gerechtfertigt beurteilt und entsprechend die Beschwerde abgewiesen.

Mein Kommentar:

Der Entscheid ist zu begrüssen. Das Verwaltungsgericht Bern setzt zumindest eine erste Leitplanke, was im Rahmen von Bereinigungen i.S.v. Art. 39 IVöB zulässig ist und wo die Grenzen liegen. Wären Preisanpassungen gänzlich unzulässig, würde Art. 39 IVöB zu einem Papiertiger. Denn wenn im Zuge einer Bereinigung die Leistungen und Modalitäten der Erbringung bereinigt werden, muss dies zwangsläufig auch zu einer Anpassung der Preise führen können. Denn die Vergleichbarkeit von Angeboten ist nur dann gewährleistet, wenn die Anbieter zu denselben Leistungen einen Preis eingereicht haben. Stellt eine Vergabestelle fest, dass die Anbieter aufgrund von Missverständnissen in den Ausschreibungsunterlagen bei der Offerte von unterschiedlichen Mengen, Leistungsanforderungen etc. ausgegangen sind, so kann eine Bereinigung angezeigt sein. Die Vergabestelle kann unter Wahrung des Gleichbehandlungs- und Transparenzgebots allen Anbietenden die Möglichkeit geben, ihre Offerte anhand des geklärten und transparent kommunizierten Leistungsbeschriebs nochmals zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. Die Anbieterinnen sind aber in solchen Fällen darauf hinzuweisen, dass eine Anpassung auf Basis des in der ersten Offerte angebotenen Preis-Leistungsverhältnisses zu erfolgen hat.

Das Verwaltungsgericht Bern hat sich in einem kürzlich veröffentlichten Entscheid vom 4. April 2024 Nr. 04.04.2024 100 2024 8 mit dem neuen Artikel 39 IVöB zur Zulässigkeit von Angebotsbereinigungen auseinandergesetzt. Der Entscheid ist meines Wissens der erste Entscheid, der zur Frage der Bereinigung von Angeboten nach der neuen IVöB-Revision erfolgt ist und verdient deshalb Beachtung.

Fall in Kürze:

Die Ausschreibung betraf die Beschaffung eines intelligenten Messsystems (iMS, Smart Metering). Es gingen für das streitgegenständliche Los vier Angebote ein. Die Vergabestelle stellte nach Auswertung der Angebote fest, dass trotz der Fragenbeantwortung auf simap.ch die Spezifikation der Datenmengen in der Ausschreibung unklar war und offenbar von den Anbieterinnen unterschiedlich verstanden wurde, was dazu führte, dass sich die eingereichten Angebote nicht vergleichen liessen. Die Vergabestelle ersuchte somit die Anbieterinnen, die Preise auf einer von ihr neu definierten Berechnungsgrundlage zu überprüfen bzw. neu zu berechnen und – sollte eine Anpassung erforderlich sein – ein aktualisiertes Preisblatt einzureichen.

Daraufhin nahmen abgesehen von der Beschwerdeführerin alle Anbieterinnen eine Anpassung ihrer Offerten inkl. neuer Preisberechnung vor. Nach der Bereinigung bewertete die Vergabestelle die angepassten Angebote. Die drittplatzierte Beschwerdeführerin reichte Beschwerde gegen den Zuschlag beim Regierungsstatthalteramt Biel/Bienne ein. Gegen den abschlägigen Entscheid gelangte sie ans Verwaltungsgericht.

Das Verwaltungsgericht hat sich im Entscheid ausführlich mit den nach neuer IVöB geltenden Leitplanken der Angebotsbereinigung auseinandergesetzt:

Überlegungen des Verwaltungsgerichts:

Gemäß der revidierten IVöB ist es den Vergabebehörden ausdrücklich erlaubt, die Angebote mit den Anbietenden hinsichtlich der Leistungen und der Modalitäten ihrer Erbringung zu bereinigen, um das vorteilhafteste Angebot zu ermitteln (Art. 39 Abs. 1 IVöB). Wenn eine Vergabebehörde nach Ausschöpfung der in Art. 38 IVöB vorgesehenen Möglichkeiten der Angebotsprüfung zum Schluss kommt, dass die Angebote objektiv nicht vergleichbar bzw. hinreichend klar sind, kann sie mit den Anbietenden sog. technische Verhandlungen führen, um eine bereinigte Entscheidungsgrundlage zu erhalten (vgl. Musterbotschaft vom 16.01.2020 zur Totalrevision der IVöB, S. 79).

Eine Bereinigung nach Art. 39 Abs. 2 IVöB ist jedoch nur zulässig, wenn erst dadurch der Auftrag geklärt bzw. die Angebote nach Massgabe der Zuschlagskriterien objektiv vergleichbar gemacht werden können oder wenn Leistungsänderungen objektiv und sachlich geboten sind.

Grenzen einer Bereinigung:

Entscheidend ist, dass der Leistungsgegenstand, die Kriterien und die Spezifikationen dabei nicht in einer Weise angepasst werden, die zu einer Veränderung der charakteristischen Leistung oder des potentiellen Anbieterkreises führen, andernfalls das Verfahren zwingend abzubrechen und eine Neuausschreibung vorzunehmen ist (Bst. b und Art. 43 Abs. 1 Bst. f IVöB).

Nicht erlaubt ist grundsätzlich die Verhandlung über den Angebotspreis bzw. die Durchführung sog. Abgebotsrunden, die einzig dazu dienen, den Angebotspreis zu senken (Art. 11 Bst. d IVöB). Dies gilt aber nicht absolut: Denn nach den Erwägungen des Verwaltungsgerichts darf im Rahmen einer zulässigen Bereinigung gemäß Art. 39 IVöB im Rahmen der Änderungen am Leistungsinhalt auch Anpassungen auf der Preisseite erfolgen (vgl. Musterbotschaft IVöB, S. 79; Botschaft BöB, S. 1954). Entsprechend bestimmt Art. 39 Abs. 3 IVöB, dass Preisanpassungen möglich sind, sofern sie in Zusammenhang mit den Tatbeständen von Art. 39 Abs. 2 IVöB stehen.

Allfällige Veränderungen des Angebotspreises setzen demnach einen konkreten Anlass voraus und müssen so als direkte Folge einer zulässigerweise vorgenommenen Bereinigung erscheinen. Die Preisanpassung darf indessen das ursprünglich angebotene Preis-Leistungs-Verhältnis nicht wesentlich verändern, ansonsten fehlt es regelmäßig an der erforderlichen sachlichen Begründung dafür.

Anbietenden dürfen keine Vorteile gewährt oder Nachteile auferlegt werden, die für die anderen nicht auch gelten. Ebenso wenig darf einseitig zugunsten oder zulasten einzelner Anbieterinnen in den Wettbewerb eingegriffen werden. Das Vergabeverfahren muss für alle Anbietenden nicht nur formell, sondern auch materiell gleichwertige Wettbewerbsbedingungen gewährleisten.

Fallbezogene Entscheidungen:

Im betreffenden Fall war unter anderem strittig, ob eine Bereinigung auch dann möglich ist, wenn die Anbieterinnen bereits Einsicht in das Offertöffnungsprotokoll nehmen konnten. Das Gericht entschied, dass der Umstand, dass die Anbieterinnen bereits Einsicht in das Offertöffnungsprotokoll hatten, einer Bereinigung nach Art. 39 IVöB nicht per se entgegenstand. Entscheidend sei immer der konkrete Fall: Wenn die Anbieterinnen nur den Endpreis der anderen Angebote kennen würden, könnten sie daraus für eine Bereinigungsrunde keine Rückschlüsse ziehen, ob die anderen Anbieterinnen den Preis aufgrund der die Ausschreibungen präzisierenden Angaben anpassen würden und in welche Richtung. Zudem mussten die Anbieterinnen eine Anpassung der Preise aufgrund der neu genannten Datenmengen begründen und die Anpassungen mussten zum Erstangebot plausibel sein. Die Anbieterinnen konnten somit die Preise nicht einfach spekulativ anpassen, sondern die Anpassungen mussten im Einklang mit dem in der Erstofferte stehenden Preis-Leistungsverhältnis stehen.

Das Gericht wies weiter darauf hin, dass sich mit der neuen IVöB auch die Anforderungen geändert hätten. So wären nach dem alten Recht in den Kantonen jeweils Verhandlungen über Angebotsbestandteile und Preis gänzlich ausgeschlossen gewesen. Art. 39 Abs. 3 IVöB halte aber ausdrücklich fest, dass eine Aufforderung zur Preisanpassung nur im Zusammenhang mit den Tatbeständen von Absatz 2 zulässig sei. Somit sind Preisanpassungen ausdrücklich erlaubt, wenn es zu Anpassungen des Leistungsumfangs kommt.

Fazit:

Somit ist nach neuer Rechtsprechung und Auslegung der IVöB folgendes festzuhalten: Wenn die Angebote objektiv nicht vergleichbar sind, muss die Vergabestelle prüfen, ob sie eine Bereinigung durchführen kann, indem sie etwa den Anbieterinnen noch weitere Informationen oder Mengen angibt, nach welchen diese eine angepasste Offerte einreichen können. Dies bedingt, dass auch Preisanpassungen möglich sein müssen (ansonsten eine Bereinigung ja gar nicht möglich ist). Dies etwa in einem Fall, in dem klar wird, dass die Anbieterinnen ihre Offerte auf unterschiedliche Mengenangaben oder andere preisrelevante Voraussetzungen abgestützt haben. Die Anbieterinnen dürfen aber die Preise nur insoweit anpassen, als die Anpassungen mit den geänderten Mengenangaben begründet werden können. Das eigentliche Preis-Leistungsverhältnis darf sich nicht relevant ändern. Die Vergabestelle muss (führt sie eine solche Bereinigung durch) prüfen, wie sich die Angebote im Preis-Leistungsverhältnis vor und nach der Bereinigung verhalten (vgl. E.5.2 des Entscheides).

Als grundsätzlich unzulässig wurde eine Anpassung des Preismodells beurteilt. Doch auch dies ist immer unter dem Lichte der Verhältnismässigkeit zu beurteilen. Das Gericht kam zum Schluss, dass zwar im betreffenden Fall es bei der Bereinigung zu einer Anpassung des Preismodells gekommen sei, diese zwar grundsätzlich unzulässig sei, im konkreten Fall dies aber nur zu einer Abweichung von knapp CHF 10'000.- (1.6% des Gesamtpreises) geführt habe und dies somit auch nicht relevant für den Ausgang des Verfahrens gewesen sei. Die Preisanpassungen im Rahmen der Angebotsbereinigung wurden vom Verwaltungsgericht Bern als sachlich gerechtfertigt beurteilt und entsprechend die Beschwerde abgewiesen.

Mein Kommentar:

Der Entscheid ist zu begrüssen. Das Verwaltungsgericht Bern setzt zumindest eine erste Leitplanke, was im Rahmen von Bereinigungen i.S.v. Art. 39 IVöB zulässig ist und wo die Grenzen liegen. Wären Preisanpassungen gänzlich unzulässig, würde Art. 39 IVöB zu einem Papiertiger. Denn wenn im Zuge einer Bereinigung die Leistungen und Modalitäten der Erbringung bereinigt werden, muss dies zwangsläufig auch zu einer Anpassung der Preise führen können. Denn die Vergleichbarkeit von Angeboten ist nur dann gewährleistet, wenn die Anbieter zu denselben Leistungen einen Preis eingereicht haben. Stellt eine Vergabestelle fest, dass die Anbieter aufgrund von Missverständnissen in den Ausschreibungsunterlagen bei der Offerte von unterschiedlichen Mengen, Leistungsanforderungen etc. ausgegangen sind, so kann eine Bereinigung angezeigt sein. Die Vergabestelle kann unter Wahrung des Gleichbehandlungs- und Transparenzgebots allen Anbietenden die Möglichkeit geben, ihre Offerte anhand des geklärten und transparent kommunizierten Leistungsbeschriebs nochmals zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. Die Anbieterinnen sind aber in solchen Fällen darauf hinzuweisen, dass eine Anpassung auf Basis des in der ersten Offerte angebotenen Preis-Leistungsverhältnisses zu erfolgen hat.


lic.iur. Christoph Schärli,  Partner | Rechtsanwalt, Viadukt Recht GmbH

lic.iur. Christoph Schärli,  Partner | Rechtsanwalt, Viadukt Recht GmbH