Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Vergabestellen?
Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Vergabestellen?
10. März 2023
10. März 2023
Einseitige Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen, können u.U. aufgrund der Marktmacht der öffentlichen Hand missbräuchlich sein.
Angebote in einem öffentlichen Vergabeverfahren müssen, um rechtmässig bewertet werden zu können, vergleichbar sein. Dies bedingt, dass die eingereichten Angebote und der entsprechende Angebotspreis auf einen vergleichbaren bzw. identischen Leistungsinhalt referenzieren. Ist dies nicht der Fall, lässt sich anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien nicht feststellen, welches Angebot effektiv das wirtschaftlich günstigste (oder nach neuer Gesetzgebung «vorteilhafteste») ist. Denn Angebote lassen sich nur über den Preis und die anderen qualitativen Kriterien vergleichen, wenn der Leistungsumfang gleichbleibt. Haben die Angebote etwa unterschiedliche Garantien, Gewährleistungen, Termine oder sonstige Geschäftsbedingungen als Grundlage, so erschwert bzw. verunmöglicht dies die Ermittlung des wirtschaftlich effektiv günstigsten Angebotes. Dieser Umstand führt dazu, dass die Vergabestellen die Vertragsbedingungen für die spätere Auftragserfüllung bereits schon bei der Ausschreibung festlegen und die Anbieter mit Einreichung des Angebotes diese Vertragsbedingungen bestätigen müssen. Angebote mit Vorbehalten oder Zusatzbedingungen werden vom Verfahren ausgeschlossen.
Diese Praxis mag vergaberechtlich geboten bzw. sogar notwendig sein, sie birgt aber aus wettbewerbsrechtlicher Sicht Probleme und Gefahren. Denn die öffentliche Hand verfügt über eine enorme Marktmacht. In gewissen Infrastrukturbereichen wie dem Tiefbau oder gewissen Bereichen des Energiesektors ist sie teilweise gar die einzige relevante Nachfragerin von Leistungen auf dem Markt und damit in einer marktbeherrschenden Stellung i.S. des Kartellgesetzes. Damit besteht latent die Gefahr, dass die öffentlichen Vergabestellen in den entsprechenden Ausschreibungen ihre Marktmacht ausnutzen, um unangemessene Vertragsbedingungen zu erzwingen, indem sie in der Ausschreibung die entsprechenden Bedingungen einseitig vorgeben können und die Anbieter diese – wollen sie überhaupt zum Vergabeverfahren zugelassen werden – ohne Anpassungen so bestätigen müssen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass bei Vertragsverhandlungen die wirtschaftliche Marktsituation immer mitspielt und jede Partei versucht, ihre Marktmacht in die Vertragsverhandlungen einfliessen zu lassen, teilweise gar nach dem Prinzip «take it or leave it». Problematisch wird es aber wettbewerbsrechtlich dann, wenn das Marktgleichgewicht derart einseitig verteilt ist, dass bei der Nachfragerin von einer marktbeherrschenden Stellung auszugehen ist und diese den Anbietern ihre Bedingungen faktisch aufzwingen kann. Die öffentliche Hand befindet sich gerade im Bereich von grossen Infrastrukturvorhaben in einer solchen Machtposition. Auch die Bestrebungen, mittels gemeinsamen Beschaffungsstellen über mehrere Vergabestellen hinweg koordiniert oder nach einheitlichen Bedingungen zu beschaffen, verstärkt die entsprechende Nachfrage- und Marktmacht der öffentlichen Hand zusätzlich.
Grundsätzlich ist wettbewerbsrechtlich gegen eine marktbeherrschende Stellung nichts einzuwenden. Verboten ist aber der Missbrauch einer solchen Position, wobei der Missbrauchstatbestand von Art. 7 KG explizit auch das Erzwingen unangemessener Geschäftsbedingungen beinhaltet.
Das Bewusstsein für diese Problematik ist jedoch bei den Vergabestellen oft (noch) nicht vorhanden. So ist feststellbar, dass die allgemeinen Vertragsbedingungen, welche Vergabestellen in öffentlichen Vergabeverfahren vorgeben und damit den Anbietern salopp gesagt, «aufs Auge drücken», teilweise sehr einseitig formuliert sind. Gerade im Bereich von Infrastrukturbauten sind in den entsprechenden Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen immer wieder Klauseln vorhanden, welche als unangemessen zu qualifizieren sind. Dabei wird versucht, dem Vertragspartner unsachliche Klauseln wie etwa die Haftung für sachfremde Leistungen oder unbekannte Risiken (Stichwort Komplettheitsklauseln) oder Konventionalstrafen für nicht realistische Termine zu überbinden. Die Anbieterinnen sehen sich, um überhaupt an der Ausschreibung teilnehmen zu können, mit dem Dilemma konfrontiert, Vertragsbedingungen akzeptieren zu müssen, welche unangemessen sind und die ein vernünftiger Unternehmer bei einer normalen Vertragsverhandlung nicht akzeptieren würde,.
Bisher ist noch keine gefestigte Gerichtspraxis ersichtlich, welche gestützt auf eine wettbewerbsrechtliche Betrachtung die Geltung solcher missbräuchlichen Ausschreibungsbedingungen verneint hätte. Wohl auch aufgrund des vergaberechtlichen Grundsatzes, dass ein Anbieter Ausschreibungsbedingungen, welche er für unzulässig hält, grundsätzlich bereits mittels Beschwerde gegen die Ausschreibung anfechten muss, was selten erfolgt. Die Anbieter befinden sich somit in einem Dilemma, zu entscheiden, ob sie die Ausschreibungsbedingungen akzeptieren können oder auf die Angebotseinreichung verzichten, bzw. mit einem deutlichen Vorbehalt im Angebot einen Ausschluss aus dem Verfahren akzeptieren. Da ein Nachweis eines solch missbräuchlichen Verhaltens durch die Vergabestelle sehr schwierig ist, ist nicht davon auszugehen, dass sich in naher Zukunft daran etwas ändern wird.
Zielführender ist jedoch, dass Vergabestellen im Bewusstsein ihrer Marktposition und der damit verbundenen Marktmacht bei der Ausarbeitung ihrer Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen einseitige und unangemessene Klausel von vorneherein vermeiden und damit sicherstellen, dass die Ausschreibungsbedingungen nicht nur die vergaberechtlichen sondern auch wettbewerbsrechtlichen Grundsätze einhalten.
Denn langfristig ist dies auch im Interesse der Vergabestellen. Denn solche “Knebelverträge” schrecken einerseits gute Anbieter ab, und führen andererseits später bei der Ausführung der Aufträge oft zu Streitigkeiten und Kosten, was sich auch auf die Qualität auswirken kann.
Einseitige Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen, können u.U. aufgrund der Marktmacht der öffentlichen Hand missbräuchlich sein.
Angebote in einem öffentlichen Vergabeverfahren müssen, um rechtmässig bewertet werden zu können, vergleichbar sein. Dies bedingt, dass die eingereichten Angebote und der entsprechende Angebotspreis auf einen vergleichbaren bzw. identischen Leistungsinhalt referenzieren. Ist dies nicht der Fall, lässt sich anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien nicht feststellen, welches Angebot effektiv das wirtschaftlich günstigste (oder nach neuer Gesetzgebung «vorteilhafteste») ist. Denn Angebote lassen sich nur über den Preis und die anderen qualitativen Kriterien vergleichen, wenn der Leistungsumfang gleichbleibt. Haben die Angebote etwa unterschiedliche Garantien, Gewährleistungen, Termine oder sonstige Geschäftsbedingungen als Grundlage, so erschwert bzw. verunmöglicht dies die Ermittlung des wirtschaftlich effektiv günstigsten Angebotes. Dieser Umstand führt dazu, dass die Vergabestellen die Vertragsbedingungen für die spätere Auftragserfüllung bereits schon bei der Ausschreibung festlegen und die Anbieter mit Einreichung des Angebotes diese Vertragsbedingungen bestätigen müssen. Angebote mit Vorbehalten oder Zusatzbedingungen werden vom Verfahren ausgeschlossen.
Diese Praxis mag vergaberechtlich geboten bzw. sogar notwendig sein, sie birgt aber aus wettbewerbsrechtlicher Sicht Probleme und Gefahren. Denn die öffentliche Hand verfügt über eine enorme Marktmacht. In gewissen Infrastrukturbereichen wie dem Tiefbau oder gewissen Bereichen des Energiesektors ist sie teilweise gar die einzige relevante Nachfragerin von Leistungen auf dem Markt und damit in einer marktbeherrschenden Stellung i.S. des Kartellgesetzes. Damit besteht latent die Gefahr, dass die öffentlichen Vergabestellen in den entsprechenden Ausschreibungen ihre Marktmacht ausnutzen, um unangemessene Vertragsbedingungen zu erzwingen, indem sie in der Ausschreibung die entsprechenden Bedingungen einseitig vorgeben können und die Anbieter diese – wollen sie überhaupt zum Vergabeverfahren zugelassen werden – ohne Anpassungen so bestätigen müssen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass bei Vertragsverhandlungen die wirtschaftliche Marktsituation immer mitspielt und jede Partei versucht, ihre Marktmacht in die Vertragsverhandlungen einfliessen zu lassen, teilweise gar nach dem Prinzip «take it or leave it». Problematisch wird es aber wettbewerbsrechtlich dann, wenn das Marktgleichgewicht derart einseitig verteilt ist, dass bei der Nachfragerin von einer marktbeherrschenden Stellung auszugehen ist und diese den Anbietern ihre Bedingungen faktisch aufzwingen kann. Die öffentliche Hand befindet sich gerade im Bereich von grossen Infrastrukturvorhaben in einer solchen Machtposition. Auch die Bestrebungen, mittels gemeinsamen Beschaffungsstellen über mehrere Vergabestellen hinweg koordiniert oder nach einheitlichen Bedingungen zu beschaffen, verstärkt die entsprechende Nachfrage- und Marktmacht der öffentlichen Hand zusätzlich.
Grundsätzlich ist wettbewerbsrechtlich gegen eine marktbeherrschende Stellung nichts einzuwenden. Verboten ist aber der Missbrauch einer solchen Position, wobei der Missbrauchstatbestand von Art. 7 KG explizit auch das Erzwingen unangemessener Geschäftsbedingungen beinhaltet.
Das Bewusstsein für diese Problematik ist jedoch bei den Vergabestellen oft (noch) nicht vorhanden. So ist feststellbar, dass die allgemeinen Vertragsbedingungen, welche Vergabestellen in öffentlichen Vergabeverfahren vorgeben und damit den Anbietern salopp gesagt, «aufs Auge drücken», teilweise sehr einseitig formuliert sind. Gerade im Bereich von Infrastrukturbauten sind in den entsprechenden Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen immer wieder Klauseln vorhanden, welche als unangemessen zu qualifizieren sind. Dabei wird versucht, dem Vertragspartner unsachliche Klauseln wie etwa die Haftung für sachfremde Leistungen oder unbekannte Risiken (Stichwort Komplettheitsklauseln) oder Konventionalstrafen für nicht realistische Termine zu überbinden. Die Anbieterinnen sehen sich, um überhaupt an der Ausschreibung teilnehmen zu können, mit dem Dilemma konfrontiert, Vertragsbedingungen akzeptieren zu müssen, welche unangemessen sind und die ein vernünftiger Unternehmer bei einer normalen Vertragsverhandlung nicht akzeptieren würde,.
Bisher ist noch keine gefestigte Gerichtspraxis ersichtlich, welche gestützt auf eine wettbewerbsrechtliche Betrachtung die Geltung solcher missbräuchlichen Ausschreibungsbedingungen verneint hätte. Wohl auch aufgrund des vergaberechtlichen Grundsatzes, dass ein Anbieter Ausschreibungsbedingungen, welche er für unzulässig hält, grundsätzlich bereits mittels Beschwerde gegen die Ausschreibung anfechten muss, was selten erfolgt. Die Anbieter befinden sich somit in einem Dilemma, zu entscheiden, ob sie die Ausschreibungsbedingungen akzeptieren können oder auf die Angebotseinreichung verzichten, bzw. mit einem deutlichen Vorbehalt im Angebot einen Ausschluss aus dem Verfahren akzeptieren. Da ein Nachweis eines solch missbräuchlichen Verhaltens durch die Vergabestelle sehr schwierig ist, ist nicht davon auszugehen, dass sich in naher Zukunft daran etwas ändern wird.
Zielführender ist jedoch, dass Vergabestellen im Bewusstsein ihrer Marktposition und der damit verbundenen Marktmacht bei der Ausarbeitung ihrer Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen einseitige und unangemessene Klausel von vorneherein vermeiden und damit sicherstellen, dass die Ausschreibungsbedingungen nicht nur die vergaberechtlichen sondern auch wettbewerbsrechtlichen Grundsätze einhalten.
Denn langfristig ist dies auch im Interesse der Vergabestellen. Denn solche “Knebelverträge” schrecken einerseits gute Anbieter ab, und führen andererseits später bei der Ausführung der Aufträge oft zu Streitigkeiten und Kosten, was sich auch auf die Qualität auswirken kann.