Die Preisspanne – eine nachträgliche Festlegung ist zulässig, aber stellt höhere Anforderungen an die Begründung
Die Preisspanne – eine nachträgliche Festlegung ist zulässig, aber stellt höhere Anforderungen an die Begründung
13. November 2024
13. November 2024
Mit der Preisspanne (oft auch als Preiskurve bezeichnet) wird festgelegt, innerhalb welcher Bandbreite Angebote im Vergleich zum preislich günstigsten Angebot noch Punkte beim Zuschlagskriterium Preis erhalten. Neben der Gewichtung des Preises ist die Preisspanne deshalb mitentscheidend, wie stark der Preis im Verhältnis zu den anderen Zuschlagskriterien berücksichtigt wird. Entsprechend ist die Frage, welche Preisspanne angemessen und wann diese festzulegen ist, auch immer wieder Gegenstand von Beschwerdeverfahren. In einem kürzlich veröffentlichten Entscheid hat das Verwaltungsgericht Zürich seine Rechtsprechung zur zulässigen Preisspanne und dem Zeitpunkt der Bekanntgabe derselben zur neuen IVöB nochmals anschaulich begründet:
Nicht nur die Gewichtung des Preiskriteriums, sondern auch die Festlegung der Preisspanne hat erhebliche Auswirkungen auf das Bewertungsergebnis. Eine zu knappe Preisspanne verstärkt die Gewichtung des Preises, eine zu grosse Preisspanne verwässert diese. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, mit der Revision die Bekanntgabe der Preisspanne in der Ausschreibung vorzuschreiben. Wird die Preisspanne erst vor oder im Laufe der Bewertung festgelegt,führt dies immer wieder zu Diskussionen und auch Beschwerden. Denn je nach Situation führt eine Preisspanne von z.B. 60 % zu einem anderen Vergabeergebnis als eine mit 50%.
In einem kürzlich veröffentlichten Entscheid hat das Verwaltungsgericht Zürich seine Rechtsprechung zur Preisspanne und dem Zeitpunkt der Bekanntgabe derselben zum neuen Recht bestätigt:
Zusammenfassend wurde folgendes festgehalten:
- Beim Kriterium "Preis" ist bei der Festlegung der Preisspanne nur die tatsächlich infrage kommende Bandbreite möglicher Werte zu berücksichtigen. Welche Bandbreite bei Angeboten realistischerweise erwartet werden kann, ist von der jeweiligen Beschaffung abhängig. Bei einfacheren Beschaffungen ist in der Regel mit einer geringeren Preisspanne zu rechnen als bei technisch anspruchsvollen Konstruktionen bzw. Produkten oder Dienstleistungen.
- Im Gegensatz zu den Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung (Art. 35 lit. p IVöB) muss die Preisspanne nicht bereits in der Ausschreibung bekanntgegeben werden. Die nachträgliche Festlegung der Preisspanne kann die Transparenz und die Nachvollziehbarkeit des Vergabeentscheids jedoch beeinträchtigen und eine gewisse Manipulierbarkeit des Ergebnisses mit sich bringen.
- Bei einer nachträglichen Wahl der Preisspanne stellt das Verwaltungsgericht höhere Anforderungen an die Begründung. Je ungewöhnlicher (besonders weit oder besonders eng) die gewählte Preisspanne ist, desto mehr ist eine triftige Begründung für diese Festlegung erforderlich. Begründet die Vergabebehörde die Wahl einer ungewöhnlichen Preisspanne nicht plausibel, überschreitet sie ihr Ermessen
- Wird die Bandbreite – wie vorliegend – erst nach dem Vorliegen der Angebote festgelegt, können auch die tatsächlich offerierten, ernsthaften Preise als Anhaltspunkte berücksichtigt werden.
- Massgeblich ins Gewicht fallen können die tatsächlichen Angebotspreise jedoch nur, wenn eine gewisse Anzahl an Offerten eingegangen ist und deshalb die Ergebnisse tatsächlich einen statistischen Wert haben.
Das Verwaltungsgericht erachtete im streitgegenständlichen Beschwerdeverfahren das Vorliegen von drei Angeboten gerade an der untersten Grenze für eine zulässige Berücksichtigung der tatsächlich offerierten Preise zur Bestimmung der Preisspanne. Im konkreten Fall erachtete das Gericht bei Differenzen von 42 % vom Günstigsten zum Zweitgünstigsten und 64 % zum dritten Angebot die nachträglich festgelegte Preisspanne 75 % als noch im Ermessen der Vergabestelle, auch weil es sich bei den ausgeschriebenen Leistungen im IT-Bereich nicht um einfache Dienstleistungen handelte.
Kommentar:
Die nachträgliche Festlegung der Preisspanne bleibt - so die Rechtsprechung – auch nach der Revision der IVöB zulässig. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, eine anderweitige Regelung zu schaffen – dies auf Kosten der Transparenz und zusätzlichen (unnötigen) Diskussionen bei der Begründung und Nachvollziehbarkeit einer Angebotsbewertung.
Wie auch das Verwaltungsgericht festgehalten hat, begünstigt die nachträgliche Festlegung der Preisspanne eine gewisse Manipulierbarkeit des Vergabeergebnisses und geht auf Kosten der Transparenz.
Vergabestellen, die die Preisspanne nicht schon mit der Ausschreibung bekannt gegeben, ist zu empfehlen, diese spätestens nach der Offertöffnung festzulegen und – insbesondere wenn eine ungewöhnlich tiefe oder hohe Preisspanne gewählt wird (unter 40% bzw. über 75%) dies auch kurz zu begründen und im Protokoll festzuhalten. So kann im Bedarfsfall immerhin nachgewiesen werden, dass die Preisspanne zwar nach Eingang der Angebote aber vor der Bewertung festgelegt wurde was die Gefahr, sich dem Vorwurf der Manipulation des Vergabeergebnisses aussetzen zu müssen, reduziert.
Es kann Fälle geben, in denen es durchaus opportun ist, mit der Bekanntgabe der Preisspanne zuzuwarten. Etwa dann, wenn eine neuartige Beschaffung ausgeschrieben wird, und die tatsächlich in Frage kommende Bandbreite noch nicht abschätzbar ist. In solchen Fällen kann mit einer frühzeitigen Festlegung der Preisspanne allenfalls ein unsachliches Bewertungsergebnis entstehen. So etwa, wenn die Preisspanne zu eng festgelegt wird, und die effektiven Angebote eine grössere Bandbreite aufweisen. In solchen Fällen würde der Preis über der eigentlichen Gewichtung zu stark bewertet, da beim Preiskriterium zu grosse Abstände entstehen würden. Bei Beschaffungsvorhaben, in welchen man genügend Erfahrungswerte hat, die zu erwartende Bandbreite der Angebotspreise einzuschätzen, sprechen jedoch Transparenzüberlegungen stark für eine Bekanntgabe der Preisspanne in den Ausschreibungsunterlagen. Denn das Abstellen auf die Bandbreite der effektiv eingegangenen Angebote kann auch zu unsachlichen Ergebnissen führen. Insbesondere in der aktuellen Zeit, in der viele Vergabestellen mit dem Phänomen von tendenziell wenigen Angeboten / Ausschreibung konfrontiert sind, und keine repräsentative Zahl von Angeboten für die Festlegung der Preisspanne vorliegen.
Mit der Preisspanne (oft auch als Preiskurve bezeichnet) wird festgelegt, innerhalb welcher Bandbreite Angebote im Vergleich zum preislich günstigsten Angebot noch Punkte beim Zuschlagskriterium Preis erhalten. Neben der Gewichtung des Preises ist die Preisspanne deshalb mitentscheidend, wie stark der Preis im Verhältnis zu den anderen Zuschlagskriterien berücksichtigt wird. Entsprechend ist die Frage, welche Preisspanne angemessen und wann diese festzulegen ist, auch immer wieder Gegenstand von Beschwerdeverfahren. In einem kürzlich veröffentlichten Entscheid hat das Verwaltungsgericht Zürich seine Rechtsprechung zur zulässigen Preisspanne und dem Zeitpunkt der Bekanntgabe derselben zur neuen IVöB nochmals anschaulich begründet:
Nicht nur die Gewichtung des Preiskriteriums, sondern auch die Festlegung der Preisspanne hat erhebliche Auswirkungen auf das Bewertungsergebnis. Eine zu knappe Preisspanne verstärkt die Gewichtung des Preises, eine zu grosse Preisspanne verwässert diese. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, mit der Revision die Bekanntgabe der Preisspanne in der Ausschreibung vorzuschreiben. Wird die Preisspanne erst vor oder im Laufe der Bewertung festgelegt,führt dies immer wieder zu Diskussionen und auch Beschwerden. Denn je nach Situation führt eine Preisspanne von z.B. 60 % zu einem anderen Vergabeergebnis als eine mit 50%.
In einem kürzlich veröffentlichten Entscheid hat das Verwaltungsgericht Zürich seine Rechtsprechung zur Preisspanne und dem Zeitpunkt der Bekanntgabe derselben zum neuen Recht bestätigt:
Zusammenfassend wurde folgendes festgehalten:
- Beim Kriterium "Preis" ist bei der Festlegung der Preisspanne nur die tatsächlich infrage kommende Bandbreite möglicher Werte zu berücksichtigen. Welche Bandbreite bei Angeboten realistischerweise erwartet werden kann, ist von der jeweiligen Beschaffung abhängig. Bei einfacheren Beschaffungen ist in der Regel mit einer geringeren Preisspanne zu rechnen als bei technisch anspruchsvollen Konstruktionen bzw. Produkten oder Dienstleistungen.
- Im Gegensatz zu den Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung (Art. 35 lit. p IVöB) muss die Preisspanne nicht bereits in der Ausschreibung bekanntgegeben werden. Die nachträgliche Festlegung der Preisspanne kann die Transparenz und die Nachvollziehbarkeit des Vergabeentscheids jedoch beeinträchtigen und eine gewisse Manipulierbarkeit des Ergebnisses mit sich bringen.
- Bei einer nachträglichen Wahl der Preisspanne stellt das Verwaltungsgericht höhere Anforderungen an die Begründung. Je ungewöhnlicher (besonders weit oder besonders eng) die gewählte Preisspanne ist, desto mehr ist eine triftige Begründung für diese Festlegung erforderlich. Begründet die Vergabebehörde die Wahl einer ungewöhnlichen Preisspanne nicht plausibel, überschreitet sie ihr Ermessen
- Wird die Bandbreite – wie vorliegend – erst nach dem Vorliegen der Angebote festgelegt, können auch die tatsächlich offerierten, ernsthaften Preise als Anhaltspunkte berücksichtigt werden.
- Massgeblich ins Gewicht fallen können die tatsächlichen Angebotspreise jedoch nur, wenn eine gewisse Anzahl an Offerten eingegangen ist und deshalb die Ergebnisse tatsächlich einen statistischen Wert haben.
Das Verwaltungsgericht erachtete im streitgegenständlichen Beschwerdeverfahren das Vorliegen von drei Angeboten gerade an der untersten Grenze für eine zulässige Berücksichtigung der tatsächlich offerierten Preise zur Bestimmung der Preisspanne. Im konkreten Fall erachtete das Gericht bei Differenzen von 42 % vom Günstigsten zum Zweitgünstigsten und 64 % zum dritten Angebot die nachträglich festgelegte Preisspanne 75 % als noch im Ermessen der Vergabestelle, auch weil es sich bei den ausgeschriebenen Leistungen im IT-Bereich nicht um einfache Dienstleistungen handelte.
Kommentar:
Die nachträgliche Festlegung der Preisspanne bleibt - so die Rechtsprechung – auch nach der Revision der IVöB zulässig. Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, eine anderweitige Regelung zu schaffen – dies auf Kosten der Transparenz und zusätzlichen (unnötigen) Diskussionen bei der Begründung und Nachvollziehbarkeit einer Angebotsbewertung.
Wie auch das Verwaltungsgericht festgehalten hat, begünstigt die nachträgliche Festlegung der Preisspanne eine gewisse Manipulierbarkeit des Vergabeergebnisses und geht auf Kosten der Transparenz.
Vergabestellen, die die Preisspanne nicht schon mit der Ausschreibung bekannt gegeben, ist zu empfehlen, diese spätestens nach der Offertöffnung festzulegen und – insbesondere wenn eine ungewöhnlich tiefe oder hohe Preisspanne gewählt wird (unter 40% bzw. über 75%) dies auch kurz zu begründen und im Protokoll festzuhalten. So kann im Bedarfsfall immerhin nachgewiesen werden, dass die Preisspanne zwar nach Eingang der Angebote aber vor der Bewertung festgelegt wurde was die Gefahr, sich dem Vorwurf der Manipulation des Vergabeergebnisses aussetzen zu müssen, reduziert.
Es kann Fälle geben, in denen es durchaus opportun ist, mit der Bekanntgabe der Preisspanne zuzuwarten. Etwa dann, wenn eine neuartige Beschaffung ausgeschrieben wird, und die tatsächlich in Frage kommende Bandbreite noch nicht abschätzbar ist. In solchen Fällen kann mit einer frühzeitigen Festlegung der Preisspanne allenfalls ein unsachliches Bewertungsergebnis entstehen. So etwa, wenn die Preisspanne zu eng festgelegt wird, und die effektiven Angebote eine grössere Bandbreite aufweisen. In solchen Fällen würde der Preis über der eigentlichen Gewichtung zu stark bewertet, da beim Preiskriterium zu grosse Abstände entstehen würden. Bei Beschaffungsvorhaben, in welchen man genügend Erfahrungswerte hat, die zu erwartende Bandbreite der Angebotspreise einzuschätzen, sprechen jedoch Transparenzüberlegungen stark für eine Bekanntgabe der Preisspanne in den Ausschreibungsunterlagen. Denn das Abstellen auf die Bandbreite der effektiv eingegangenen Angebote kann auch zu unsachlichen Ergebnissen führen. Insbesondere in der aktuellen Zeit, in der viele Vergabestellen mit dem Phänomen von tendenziell wenigen Angeboten / Ausschreibung konfrontiert sind, und keine repräsentative Zahl von Angeboten für die Festlegung der Preisspanne vorliegen.