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Bestellungsänderung im Rahmen einer vertraglich vorgesehenen Anpassung oder Freihandvergabe nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB (Ergänzungsbeschaffung) ?

Bestellungsänderung im Rahmen einer vertraglich vorgesehenen Anpassung oder Freihandvergabe nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB (Ergänzungsbeschaffung) ?

11. Februar 2025

11. Februar 2025

Immer wieder stellt sich nach einem bereits erfolgten Zuschlag und während oder nach der Ausführung eines Auftrages die Frage, wie mit allfälligen Ergänzungen, Erweiterungen oder Änderungen des Leistungsumfangs vergaberechtlich umgegangen werden muss. 

Dabei ist jeweils fraglich, ob es sich bei einem Zusatzauftrag oder einer Ergänzung um eine im Rahmen des bereits ausgeschriebenen Vertrages zulässige Bestellungsänderung handelt oder ob diese Leistungen (sofern sie ohne Ausschreibung dem bestehenden Vertragspartner vergeben werden) nur gestützt auf einen Tatbestand der ausnahmsweisen Freihandvergabe nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB vergeben werden können und diese Freihandvergabe auf simap.ch publiziert werden muss.

Die Grenze zwischen einer im ausgeschriebenen Vertrag inkludieren Leistung und einer Ergänzungsbeschaffung nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB lässt sich nicht immer ganz klar ziehen. Die folgende Überlegungen sollen aber helfen, da ein wenig mehr Klarheit zu schaffen:

Alles, was im Vertrag und der Ausschreibung vorgesehen ist, ist grundsätzlich vom Zuschlag mitumfasst

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich bei einer vertraglichen Zusammenarbeit der genaue Leistungsumfang im Laufe des Vertrages verändern kann. Leistungen können wegfallen oder dazu kommen. Insbesondere im Bereich von Planung & Bau aber auch anderen Leistungsarten sehen die Verträge oft Regeln zur Vereinbarung von Bestellungsänderungen oder Nachträgen vor. Dabei handelt es sich um vertraglich vorgesehene Leistungsänderungsmöglichkeiten, welche keine erneute Ausschreibung erfordern, sofern die entsprechenden Klauseln aus der  Ausschreibung oder deren Beilagen (Mustervertrag) ersichtlich waren. In der Regel wird der Vertrag einer Ausschreibung im Entwurf beigelegt. So wissen alle Anbieter, dass mit der Ausschreibung und dem Zuschlag nicht nur der konkret ausgeschriebene Leistungsumfang sondern auch die vertraglich vorgesehenen möglichen Leistungsanpassungen/Bestellungsänderungen im Rahmen des Erwartbaren von der Ausschreibung mitumfasst sind.

Somit müssen im Falle, dass solche (erwartbare) Leistungsänderungen notwendig werden, weder eine neue Ausschreibung noch eine ausnahmsweise Freihandvergabe vorgenommen werden. Vorausgesetzt, dass der Grundauftrag im korrekten Verfahren ausgeschrieben worden ist und sich aus den Ausschreibungsunterlagen und den dazugehörenden Verträgen die Bestellungsänderungen herleiten lassen. Solange die Änderungen im Rahmen dieser Klauseln erfolgen und deren Umfang nicht wesentlich vom ursprünglichen Vertrag abweicht, ist keine neue Ausschreibung erforderlich. Ein Beispiel für eine Bestellungsänderung wäre etwa der Fall, dass während den Bauarbeiten unerwartete geologische Bedingungen entdeckt werden, die zusätzliche Sicherheitsmassnahmen erfordern. Solche Anpassungen sind normalerweise im ursprünglichen Vertrag vorgesehen, für die Anbieter erwartbar und fallen unter die vertraglich geregelten Änderungsbestimmungen.

Abgrenzung zur Ergänzungsbeschaffung nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB

Die Grenze zur Ergänzungsbeschaffung ist m.E. dort zu ziehen, wo der der Ausschreibung zu Grunde gelegte Vertrag bzw. Leistungsbeschrieb die geplante Leistungsergänzung/Bestellungsänderung nicht mehr umfasst, d.h. die Anbieterinnen nicht davon ausgehen mussten und konnten, dass solche Leistungen im Rahmen des ausgeschriebenen Grundauftrages allenfalls anfallen könnten. In einem solchen Fall müssen neue Zusatzleistungen im dafür vorgesehenen Verfahren ausgeschrieben werden. Ist ein Wechsel des Anbieters aus finanziellen oder technischen Gründen mit Schwierigkeiten verbunden, kann allenfalls der Freihandtatbestand nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB angerufen werden.

Gemäss Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB kann eine Ergänzungsbeschaffung ohne öffentliche Ausschreibung mittels Freihandvergabe erfolgen, wenn für Leistungen zur Ergänzung oder Erweiterung einer bereits erbrachten Leistung ein Wechsel der Anbieterin aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht möglich ist, erhebliche Schwierigkeiten bereiten oder substanzielle Mehrkosten mit sich bringen würde. Solche Mehrkosten müssen erheblich sein und zwischen der Erst- und der Ergänzungsbeschaffung muss ein angemessenes Verhältnis bestehen, d.h. die Erstbeschaffung muss in Betrag wie Umfang einiges grösser sein als die Ergänzungsbeschaffung. Zudem muss der Grundauftrag damals in dem dafür vorgesehenen korrekten Vergabeverfahren ausgeschrieben worden sein.

Die Abgrenzung zwischen einer vertraglich vorgesehenen Bestellungsänderung und einer Freihandvergabe als Ergänzungsbeschaffung kann anhand verschiedener Kriterien erfolgen: Vertragliche Grundlage: Bestellungsänderungen basieren auf einer bestehenden vertraglichen Vereinbarungen, während Ergänzungsbeschaffungen im Rahmen von Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB erfolgen. Umfang der Änderung: Bestellungsänderungen dürfen den ursprünglichen Vertragsumfang nicht wesentlich verändern, während Ergänzungsbeschaffungen zusätzliche Lieferungen oder Dienstleistungen umfassen, die zwar in einer technischen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit zum Erstauftrag stehen, aber im ausgeschriebenen Vertragsumfang nicht vorgesehen waren.

Fazit

Nicht jede Leistungsänderung nach dem Zuschlag ist eine Neubeschaffung und erfordert eine Ausschreibung oder eine Ergänzungsbeschaffung nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB. Solange die Leistungsänderung/Ergänzung im Rahmen des vertraglich vorgesehenen und ausgeschriebenen Bestellungsänderungsprozess erfolgen kann, ist auch diese als Bestellungsänderung durch den Zuschlag des ausgeschriebenen Grundauftrages abgedeckt. 

Handelt es sich aber um Leistungen, welche im bisher ausgeschriebenen Leistungsumfang weder als Optionen noch im Rahmen einer vertraglich vorgesehenen Bestellungsänderung/Ergänzungsmöglichkeit vorgesehen worden sind, müssen diese Zusatzleistungen entweder neu ausgeschrieben werden oder - wenn ein allfälliger Wechsel des Anbieters nicht möglich ist - unter dem Tatbestandes der freihändigen Ergänzungsbeschaffung inkl. Publikation als Freihandvergabe beschafft werden.

Empfehlung

Vergabestellen ist zu empfehlen, im Rahmen der Ausschreibung eines Grundauftrages allfällige potentielle Leistungsergänzungen und Bestellungsänderungsmöglichkeiten zu antizipieren und als Optionen oder über vertragliche Regelungen bereits mit dem Grundauftrag auszuschreiben. So können diese Leistungen später ohne Freihandvergabe oder neue Ausschreibung im Rahmen des bisherigen Auftrags bestellt werden.

Wichtig:

Die entsprechenden Optionen oder Vertragsklauseln dürfen nur Leistungen enthalten, welche mit dem Grundauftrag in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Der generelle Zusatz in einer Ausschreibung oder einem Vertrag, dass sich die Vergabestelle vorbehalte «weitere gleichartige Aufträge an die Zuschlagsempfängerin ohne neue Ausschreibung zu vergeben», erachte ich unter dem neuen Recht für unzulässig. Diese Regelung war vor der Revision der IVöB etwa im alten § 10 lit. g SVO ZH der Submissionsverordnung des Kantons Zürich noch vorgesehen, wurde aber durch den Tatbestand der Ergänzungsbeschaffung ersetzt. Dieser setzt aber zwingend eine wirtschaftliche oder technische Abhängigkeit von der bisherigen Anbieterin voraus. Sonst kann der Tatbestand der Ergänzungsbeschaffung nicht angerufen werden. Es ist somit m.E. nicht zulässig, in einer Ausschreibung einfach festzuhalten, dass man sich vorbehalte, weitere (unbestimmte) Aufträge an die Zuschlagsempfängerin ohne Ausschreibung zu vergeben. Optionale Vergaben erfordern eine konkrete inhaltliche Umschreibung der als optional umschriebenen Leistung in der Ausschreibung.

Immer wieder stellt sich nach einem bereits erfolgten Zuschlag und während oder nach der Ausführung eines Auftrages die Frage, wie mit allfälligen Ergänzungen, Erweiterungen oder Änderungen des Leistungsumfangs vergaberechtlich umgegangen werden muss. 

Dabei ist jeweils fraglich, ob es sich bei einem Zusatzauftrag oder einer Ergänzung um eine im Rahmen des bereits ausgeschriebenen Vertrages zulässige Bestellungsänderung handelt oder ob diese Leistungen (sofern sie ohne Ausschreibung dem bestehenden Vertragspartner vergeben werden) nur gestützt auf einen Tatbestand der ausnahmsweisen Freihandvergabe nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB vergeben werden können und diese Freihandvergabe auf simap.ch publiziert werden muss.

Die Grenze zwischen einer im ausgeschriebenen Vertrag inkludieren Leistung und einer Ergänzungsbeschaffung nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB lässt sich nicht immer ganz klar ziehen. Die folgende Überlegungen sollen aber helfen, da ein wenig mehr Klarheit zu schaffen:

Alles, was im Vertrag und der Ausschreibung vorgesehen ist, ist grundsätzlich vom Zuschlag mitumfasst

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich bei einer vertraglichen Zusammenarbeit der genaue Leistungsumfang im Laufe des Vertrages verändern kann. Leistungen können wegfallen oder dazu kommen. Insbesondere im Bereich von Planung & Bau aber auch anderen Leistungsarten sehen die Verträge oft Regeln zur Vereinbarung von Bestellungsänderungen oder Nachträgen vor. Dabei handelt es sich um vertraglich vorgesehene Leistungsänderungsmöglichkeiten, welche keine erneute Ausschreibung erfordern, sofern die entsprechenden Klauseln aus der  Ausschreibung oder deren Beilagen (Mustervertrag) ersichtlich waren. In der Regel wird der Vertrag einer Ausschreibung im Entwurf beigelegt. So wissen alle Anbieter, dass mit der Ausschreibung und dem Zuschlag nicht nur der konkret ausgeschriebene Leistungsumfang sondern auch die vertraglich vorgesehenen möglichen Leistungsanpassungen/Bestellungsänderungen im Rahmen des Erwartbaren von der Ausschreibung mitumfasst sind.

Somit müssen im Falle, dass solche (erwartbare) Leistungsänderungen notwendig werden, weder eine neue Ausschreibung noch eine ausnahmsweise Freihandvergabe vorgenommen werden. Vorausgesetzt, dass der Grundauftrag im korrekten Verfahren ausgeschrieben worden ist und sich aus den Ausschreibungsunterlagen und den dazugehörenden Verträgen die Bestellungsänderungen herleiten lassen. Solange die Änderungen im Rahmen dieser Klauseln erfolgen und deren Umfang nicht wesentlich vom ursprünglichen Vertrag abweicht, ist keine neue Ausschreibung erforderlich. Ein Beispiel für eine Bestellungsänderung wäre etwa der Fall, dass während den Bauarbeiten unerwartete geologische Bedingungen entdeckt werden, die zusätzliche Sicherheitsmassnahmen erfordern. Solche Anpassungen sind normalerweise im ursprünglichen Vertrag vorgesehen, für die Anbieter erwartbar und fallen unter die vertraglich geregelten Änderungsbestimmungen.

Abgrenzung zur Ergänzungsbeschaffung nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB

Die Grenze zur Ergänzungsbeschaffung ist m.E. dort zu ziehen, wo der der Ausschreibung zu Grunde gelegte Vertrag bzw. Leistungsbeschrieb die geplante Leistungsergänzung/Bestellungsänderung nicht mehr umfasst, d.h. die Anbieterinnen nicht davon ausgehen mussten und konnten, dass solche Leistungen im Rahmen des ausgeschriebenen Grundauftrages allenfalls anfallen könnten. In einem solchen Fall müssen neue Zusatzleistungen im dafür vorgesehenen Verfahren ausgeschrieben werden. Ist ein Wechsel des Anbieters aus finanziellen oder technischen Gründen mit Schwierigkeiten verbunden, kann allenfalls der Freihandtatbestand nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB angerufen werden.

Gemäss Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB kann eine Ergänzungsbeschaffung ohne öffentliche Ausschreibung mittels Freihandvergabe erfolgen, wenn für Leistungen zur Ergänzung oder Erweiterung einer bereits erbrachten Leistung ein Wechsel der Anbieterin aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht möglich ist, erhebliche Schwierigkeiten bereiten oder substanzielle Mehrkosten mit sich bringen würde. Solche Mehrkosten müssen erheblich sein und zwischen der Erst- und der Ergänzungsbeschaffung muss ein angemessenes Verhältnis bestehen, d.h. die Erstbeschaffung muss in Betrag wie Umfang einiges grösser sein als die Ergänzungsbeschaffung. Zudem muss der Grundauftrag damals in dem dafür vorgesehenen korrekten Vergabeverfahren ausgeschrieben worden sein.

Die Abgrenzung zwischen einer vertraglich vorgesehenen Bestellungsänderung und einer Freihandvergabe als Ergänzungsbeschaffung kann anhand verschiedener Kriterien erfolgen: Vertragliche Grundlage: Bestellungsänderungen basieren auf einer bestehenden vertraglichen Vereinbarungen, während Ergänzungsbeschaffungen im Rahmen von Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB erfolgen. Umfang der Änderung: Bestellungsänderungen dürfen den ursprünglichen Vertragsumfang nicht wesentlich verändern, während Ergänzungsbeschaffungen zusätzliche Lieferungen oder Dienstleistungen umfassen, die zwar in einer technischen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit zum Erstauftrag stehen, aber im ausgeschriebenen Vertragsumfang nicht vorgesehen waren.

Fazit

Nicht jede Leistungsänderung nach dem Zuschlag ist eine Neubeschaffung und erfordert eine Ausschreibung oder eine Ergänzungsbeschaffung nach Art. 21 Abs. 2 lit. e IVöB. Solange die Leistungsänderung/Ergänzung im Rahmen des vertraglich vorgesehenen und ausgeschriebenen Bestellungsänderungsprozess erfolgen kann, ist auch diese als Bestellungsänderung durch den Zuschlag des ausgeschriebenen Grundauftrages abgedeckt. 

Handelt es sich aber um Leistungen, welche im bisher ausgeschriebenen Leistungsumfang weder als Optionen noch im Rahmen einer vertraglich vorgesehenen Bestellungsänderung/Ergänzungsmöglichkeit vorgesehen worden sind, müssen diese Zusatzleistungen entweder neu ausgeschrieben werden oder - wenn ein allfälliger Wechsel des Anbieters nicht möglich ist - unter dem Tatbestandes der freihändigen Ergänzungsbeschaffung inkl. Publikation als Freihandvergabe beschafft werden.

Empfehlung

Vergabestellen ist zu empfehlen, im Rahmen der Ausschreibung eines Grundauftrages allfällige potentielle Leistungsergänzungen und Bestellungsänderungsmöglichkeiten zu antizipieren und als Optionen oder über vertragliche Regelungen bereits mit dem Grundauftrag auszuschreiben. So können diese Leistungen später ohne Freihandvergabe oder neue Ausschreibung im Rahmen des bisherigen Auftrags bestellt werden.

Wichtig:

Die entsprechenden Optionen oder Vertragsklauseln dürfen nur Leistungen enthalten, welche mit dem Grundauftrag in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Der generelle Zusatz in einer Ausschreibung oder einem Vertrag, dass sich die Vergabestelle vorbehalte «weitere gleichartige Aufträge an die Zuschlagsempfängerin ohne neue Ausschreibung zu vergeben», erachte ich unter dem neuen Recht für unzulässig. Diese Regelung war vor der Revision der IVöB etwa im alten § 10 lit. g SVO ZH der Submissionsverordnung des Kantons Zürich noch vorgesehen, wurde aber durch den Tatbestand der Ergänzungsbeschaffung ersetzt. Dieser setzt aber zwingend eine wirtschaftliche oder technische Abhängigkeit von der bisherigen Anbieterin voraus. Sonst kann der Tatbestand der Ergänzungsbeschaffung nicht angerufen werden. Es ist somit m.E. nicht zulässig, in einer Ausschreibung einfach festzuhalten, dass man sich vorbehalte, weitere (unbestimmte) Aufträge an die Zuschlagsempfängerin ohne Ausschreibung zu vergeben. Optionale Vergaben erfordern eine konkrete inhaltliche Umschreibung der als optional umschriebenen Leistung in der Ausschreibung.


lic.iur. Christoph Schärli,  Partner | Rechtsanwalt, Viadukt Recht GmbH

lic.iur. Christoph Schärli,  Partner | Rechtsanwalt, Viadukt Recht GmbH