Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzung für ausnahmsweise Freihandvergaben liegt bei den Vergabestellen. Auswirkungen des neuen BGer-Entscheids für künftige Vergaben?
Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzung für ausnahmsweise Freihandvergaben liegt bei den Vergabestellen. Auswirkungen des neuen BGer-Entscheids für künftige Vergaben?
19. März 2024
19. März 2024
In einem kürzlich publizierten Urteil hat das Bundesgericht seine sogenannte «Microsoft»-Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Freihandvergabe gestützt auf den Tatbestand der «technischen oder künstlerischen Besonderheiten» revidiert. Der Entscheid wurde schon von verschiedenen Expert-/innen kommentiert. Doch was sind die Folgen für die Vergabestellen? Was lässt sich aus dieser Rechtsprechung für andere Tatbestände von ausnahmsweisen Freihandvergaben ableiten?
Dieser Tatbestand kann dann angerufen werden, wenn die öffentliche Ausschreibung eines Auftrages obsolet und damit den Interessen des Vergaberechts zuwiderlaufen würde, da aufgrund technischer Abhängigkeiten nur ein einziger Anbieter (oft der bisherige Leistungserbringer) für den Auftrag überhaupt in Frage kommt. Das Bundesgericht hält nun klar fest, dass in einem Beschwerdeverfahren die Vergabestelle beweisen muss, dass die Voraussetzungen für den Ausnahmetatbestand vorliegen würden, d.h. dass es auf dem Markt keine angemessene Alternative zu der mittels Freihandvergabe beschafften Leistung gibt.
Einordnung des Entscheides
Der Entscheid des Bundesgerichtes ist zu begrüssen und sowohl rechtlich wie sachlich logisch. Denn es war schon zuvor in Lehre wie auch Praxis zu Recht auf den Umstand hingewiesen worden, dass die Beweislast, dass keine angemessene Alternative auf dem Markt bestünde, nur der Vergabestelle obliegen könne, denn nur diese kennt die genauen Anforderungen an ihre benötigten Leistungen. Nichtberücksichtigte Anbieter können diese Spezifikationen gar nicht kennen, entsprechend sie den Beweis, dass sie diese Anforderungen auch erfüllen können, schlichtweg nicht erbringen können.
So weit, so gut. Doch was bedeutet der neue BGer-Entscheid nun für Vergabestellen, wenn sie beabsichtigen eine Beschaffung direkt bei einem Anbieter, gestützt auf den Tatbestand von Art. 21 Abs. 2 lit.c IVöB vorzunehmen?
M.E. einer der wichtigsten Sätze des Entscheides ist in der Erwägung 5.4.9 festgehalten. Darin erwiderte das BGer das Argument der Vergabestelle, dass der Beweis, dass nur ein einziger Anbieter in der Lage sei, die Leistung zu erbringen, nur dann überhaupt möglich sei, wenn ein offenes Verfahren durchgeführt würde (und dann nur ein gültiges Angebot resultiert), damit die Beweislast der Voraussetzungen nicht so weit gehe: Die Vergabestelle müsse jedoch beweisen, dass sie aktiv nachgeforscht habe, um sicherzustellen, dass es tatsächlich keinen Markt für die nachgefragten Leistungen gibt. Weiter hielt das Bundesgericht fest (und das ist der entscheidende Satz): Diese Nachforschungen müssen in jedem Fall durchführt werden, bevor die Vergabestelle sich für ein solches aussergewöhnliches Verfahren entscheidet. Denn das Legalitätsprinzip gebiete es, die tatsächlichen Bedingungen einer ausnahmsweisen Freihandvergabe zuerst zu klären, bevor das entsprechende Verfahren beschritten wird.
Vorgängige Klärung des Ausnahmegrundes
Das Bundesgericht bringt es auf den Punkt: Eine freihändige Vergabe, welche sich auf einen Ausnahmetatbestand stützt, ist rechtlich nur dann denkbar, wenn die Voraussetzungen des betreffenden Ausnahmetatbestandes zuvor abgeklärt worden sind. Diese Voraussetzung tönt so logisch, ist sie aber offensichtlich für diverse Vergabestellen nicht. So hatte die Vergabestelle im betreffenden Fall die Freihandvergabe und das Vorliegen der Voraussetzungen erst nach Intervention einer Anbieterin überhaupt begründet.
Das Bundesgericht hat eine Grundvoraussetzung für ausnahmsweise Freihandvergaben aller Tatbestände bestätigt:
- Die Beweislast, dass die Voraussetzungen des betreffenden Tatbestandes vorliegen, liegt bei der Vergabestelle;
- Die Abklärungen dafür müssen gemacht und auch dokumentiert sein, bevor der Ausnahmetatbestand angerufen wird.
Geltung auch für andere Ausnahmen
Was das Bundesgericht neu für Art. 21 Abs. 2 lit.c IVöB festgehalten hat, gilt m.E. nicht nur für diesen Tatbestand, sondern generell für alle Vergaben, welche sich auf einen Ausnahmetatbestand des Kataloges von Art. 21 Abs. 2 IVöB stützen wollen (etwa auch den Tatbestand des zeitlich besonders günstigen Angebotes, der Dringlichkeit etc.).
Will eine Vergabestelle den Weg der ausnahmsweisen Freihandvergabe beschreiten, so muss sie, bevor sie die Vergabe vornimmt, nachweisbar und beweisbar zuerst abklären, ob die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen: So muss beim Ausnahmetatbestand des zeitlich befristeten besonders günstigen Angebots etwa eine Marktanalyse gemacht werden und nachgewiesen werden, dass a) das Angebot effektiv besonders günstig ist und b) zumindest hypothetisch ein solches zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erhältlich gemacht werden kann.
Dabei ist in Erinnerung zu rufen, dass Ausnahmetatbestände (genau gleich wie Ausnahmebewilligungen in anderen Rechtsbereichen) eben Ausnahmen sind. Ausnahmen können per Definition überhaupt nur in Einzelfällen gerechtfertigt sein. Zudem haben die Behörden bei der Beurteilung, ob ein solcher Einzelfall vorliegt, immer auch eine Verhältnismässigkeitsprüfung vorzunehmen: Um als Vergabestelle somit überhaupt entscheiden zu können, ob ein Einzelfall vorliegt und es sich in diesem rechtfertigt, von der Grundordnung abzuweichen, muss der Sachverhalt und die Voraussetzungen vorab geklärt und die Interessenabwägung vorgenommen worden sein.
Ist dies nicht der Fall, fehlt es an der Voraussetzung für die Freihandvergabe . Eine Freihandvergabe gestützt auf einen Ausnahmetatbestand kann überhaupt nur dann dem Legalitätsprinzip genügen, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen vor dem Entscheid der Vergabe geklärt worden sind.
Ausnahmen muss letztes Mittel bleiben
Eine Vergabestelle, welche eine Freihandvergabe unbegründet und ohne entsprechende Abklärungen vornimmt, macht dies somit ohne genügende Grundlage. Denn die Ausnahme darf immer erst das letzte Mittel sein. Eine Vergabestelle darf nur dann zu dieser Ausnahme greifen, wenn sie zuerst eine Vergabe nach den grundsätzlichen Voraussetzungen geprüft, eine solche aber aus vergaberechtlich schützenswerten Interessen, welche allen Ausnahmetatbeständen immanent sind, nicht gerechtfertigt wäre, sei es, dass sich eine offene Ausschreibung als unnütz, unverhältnismässig bzw. unzweckmässig erweisen würde. An den Beweis, dass die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestandes im konkreten Einzelfall erfüllt sind, ist auch nach dem neuen BGer- Entscheid kein absolutes Beweismass gefordert, (da es sich um eine hypothetische Betrachtung handelt). Klar ist hingegen, dass die betreffende Vergabestelle, welche sich auf die Ausnahme berufen will, nachweisen muss, dass sie a) eine Regelvergabe ernsthaft geprüft und sich für die Ausnahme erst nach entsprechenden Abklärungen und Bejahung der für die betreffende Ausnahme vorgesehenen Ausnahmegründe entschieden hat.
Konsequenzen für Vergabestellen
Eine Vergabestelle, welche darauf spekuliert, dass sie eine Begründung für eine Freihandvergabe erst nach Intervention eines Anbieters oder im Laufe eines Beschwerdeverfahrens nachreichen bzw. dann entsprechende Abklärungen noch vornehmen kann, wird in Zukunft gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts damit rechnen müssen, bereits aus formellen Gründen mit einer solchen Vergabe zu scheitern. Überdies macht sich bei solchen Ausnahmebewilligungen eine im Nachgang noch «konstruierte» Begründung (selbst dann, wenn die Voraussetzungen eigentlich erfüllt wären) auch nicht als besonders glaubwürdig. Eine Vergabestelle hingegen, welche sich sorgfältig mit den Anforderungen einer Freihandvergabe auseinandersetzt und die Interessenabwägung – bevor überhaupt über die Vergabe entschieden wird – sorgfältig vornimmt und diese Abklärungen dokumentiert, wird den Beweis, die Vergabe korrekt vorgenommen zu haben, auch nach den Anforderungen des neuen Bundesgerichts-Entscheides erbringen können (sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen).
Fazit:
Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben. Eine Vergabestelle darf nur dann zur Ausnahme greifen, wenn sie nach Prüfung des «normalen Weges» zum Schluss kommt, dass dieser aus den in den Ausnahmetatbeständen genannten Gründen und Voraussetzungen unverhältnismässig wäre. Dieser Grundsatz ist nicht nur im Beschaffungsrecht, sondern auch auf andere Rechtsgebiete anwendbar. Es kann dabei etwa auf die Rechtsprechung zu Ausnahmebewilligungen beim Lärmschutz von Bauten verwiesen werden. Entsprechend ist das «direkte Ansteuern» der Ausnahme sowohl rechtlich wie sachlich mit Risiken behaftet. Denn im Falle eines Beschwerdeverfahrens muss die Vergabestelle nachweisen können, dass sie, bevor sie sich für die Ausnahme entschieden hat: a) den normalen Weg in Betracht gezogen hat, b) Nachforschungen ergeben haben, dass dieser normale Weg unverhältnismässig wäre, bzw. den Zielen des Vergaberechts widersprechen würde. Nur in solchen Fällen kann c) d.h. die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Freihandvergabe bejaht werden.
In einem kürzlich publizierten Urteil hat das Bundesgericht seine sogenannte «Microsoft»-Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Freihandvergabe gestützt auf den Tatbestand der «technischen oder künstlerischen Besonderheiten» revidiert. Der Entscheid wurde schon von verschiedenen Expert-/innen kommentiert. Doch was sind die Folgen für die Vergabestellen? Was lässt sich aus dieser Rechtsprechung für andere Tatbestände von ausnahmsweisen Freihandvergaben ableiten?
Dieser Tatbestand kann dann angerufen werden, wenn die öffentliche Ausschreibung eines Auftrages obsolet und damit den Interessen des Vergaberechts zuwiderlaufen würde, da aufgrund technischer Abhängigkeiten nur ein einziger Anbieter (oft der bisherige Leistungserbringer) für den Auftrag überhaupt in Frage kommt. Das Bundesgericht hält nun klar fest, dass in einem Beschwerdeverfahren die Vergabestelle beweisen muss, dass die Voraussetzungen für den Ausnahmetatbestand vorliegen würden, d.h. dass es auf dem Markt keine angemessene Alternative zu der mittels Freihandvergabe beschafften Leistung gibt.
Einordnung des Entscheides
Der Entscheid des Bundesgerichtes ist zu begrüssen und sowohl rechtlich wie sachlich logisch. Denn es war schon zuvor in Lehre wie auch Praxis zu Recht auf den Umstand hingewiesen worden, dass die Beweislast, dass keine angemessene Alternative auf dem Markt bestünde, nur der Vergabestelle obliegen könne, denn nur diese kennt die genauen Anforderungen an ihre benötigten Leistungen. Nichtberücksichtigte Anbieter können diese Spezifikationen gar nicht kennen, entsprechend sie den Beweis, dass sie diese Anforderungen auch erfüllen können, schlichtweg nicht erbringen können.
So weit, so gut. Doch was bedeutet der neue BGer-Entscheid nun für Vergabestellen, wenn sie beabsichtigen eine Beschaffung direkt bei einem Anbieter, gestützt auf den Tatbestand von Art. 21 Abs. 2 lit.c IVöB vorzunehmen?
M.E. einer der wichtigsten Sätze des Entscheides ist in der Erwägung 5.4.9 festgehalten. Darin erwiderte das BGer das Argument der Vergabestelle, dass der Beweis, dass nur ein einziger Anbieter in der Lage sei, die Leistung zu erbringen, nur dann überhaupt möglich sei, wenn ein offenes Verfahren durchgeführt würde (und dann nur ein gültiges Angebot resultiert), damit die Beweislast der Voraussetzungen nicht so weit gehe: Die Vergabestelle müsse jedoch beweisen, dass sie aktiv nachgeforscht habe, um sicherzustellen, dass es tatsächlich keinen Markt für die nachgefragten Leistungen gibt. Weiter hielt das Bundesgericht fest (und das ist der entscheidende Satz): Diese Nachforschungen müssen in jedem Fall durchführt werden, bevor die Vergabestelle sich für ein solches aussergewöhnliches Verfahren entscheidet. Denn das Legalitätsprinzip gebiete es, die tatsächlichen Bedingungen einer ausnahmsweisen Freihandvergabe zuerst zu klären, bevor das entsprechende Verfahren beschritten wird.
Vorgängige Klärung des Ausnahmegrundes
Das Bundesgericht bringt es auf den Punkt: Eine freihändige Vergabe, welche sich auf einen Ausnahmetatbestand stützt, ist rechtlich nur dann denkbar, wenn die Voraussetzungen des betreffenden Ausnahmetatbestandes zuvor abgeklärt worden sind. Diese Voraussetzung tönt so logisch, ist sie aber offensichtlich für diverse Vergabestellen nicht. So hatte die Vergabestelle im betreffenden Fall die Freihandvergabe und das Vorliegen der Voraussetzungen erst nach Intervention einer Anbieterin überhaupt begründet.
Das Bundesgericht hat eine Grundvoraussetzung für ausnahmsweise Freihandvergaben aller Tatbestände bestätigt:
- Die Beweislast, dass die Voraussetzungen des betreffenden Tatbestandes vorliegen, liegt bei der Vergabestelle;
- Die Abklärungen dafür müssen gemacht und auch dokumentiert sein, bevor der Ausnahmetatbestand angerufen wird.
Geltung auch für andere Ausnahmen
Was das Bundesgericht neu für Art. 21 Abs. 2 lit.c IVöB festgehalten hat, gilt m.E. nicht nur für diesen Tatbestand, sondern generell für alle Vergaben, welche sich auf einen Ausnahmetatbestand des Kataloges von Art. 21 Abs. 2 IVöB stützen wollen (etwa auch den Tatbestand des zeitlich besonders günstigen Angebotes, der Dringlichkeit etc.).
Will eine Vergabestelle den Weg der ausnahmsweisen Freihandvergabe beschreiten, so muss sie, bevor sie die Vergabe vornimmt, nachweisbar und beweisbar zuerst abklären, ob die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen: So muss beim Ausnahmetatbestand des zeitlich befristeten besonders günstigen Angebots etwa eine Marktanalyse gemacht werden und nachgewiesen werden, dass a) das Angebot effektiv besonders günstig ist und b) zumindest hypothetisch ein solches zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erhältlich gemacht werden kann.
Dabei ist in Erinnerung zu rufen, dass Ausnahmetatbestände (genau gleich wie Ausnahmebewilligungen in anderen Rechtsbereichen) eben Ausnahmen sind. Ausnahmen können per Definition überhaupt nur in Einzelfällen gerechtfertigt sein. Zudem haben die Behörden bei der Beurteilung, ob ein solcher Einzelfall vorliegt, immer auch eine Verhältnismässigkeitsprüfung vorzunehmen: Um als Vergabestelle somit überhaupt entscheiden zu können, ob ein Einzelfall vorliegt und es sich in diesem rechtfertigt, von der Grundordnung abzuweichen, muss der Sachverhalt und die Voraussetzungen vorab geklärt und die Interessenabwägung vorgenommen worden sein.
Ist dies nicht der Fall, fehlt es an der Voraussetzung für die Freihandvergabe . Eine Freihandvergabe gestützt auf einen Ausnahmetatbestand kann überhaupt nur dann dem Legalitätsprinzip genügen, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen vor dem Entscheid der Vergabe geklärt worden sind.
Ausnahmen muss letztes Mittel bleiben
Eine Vergabestelle, welche eine Freihandvergabe unbegründet und ohne entsprechende Abklärungen vornimmt, macht dies somit ohne genügende Grundlage. Denn die Ausnahme darf immer erst das letzte Mittel sein. Eine Vergabestelle darf nur dann zu dieser Ausnahme greifen, wenn sie zuerst eine Vergabe nach den grundsätzlichen Voraussetzungen geprüft, eine solche aber aus vergaberechtlich schützenswerten Interessen, welche allen Ausnahmetatbeständen immanent sind, nicht gerechtfertigt wäre, sei es, dass sich eine offene Ausschreibung als unnütz, unverhältnismässig bzw. unzweckmässig erweisen würde. An den Beweis, dass die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestandes im konkreten Einzelfall erfüllt sind, ist auch nach dem neuen BGer- Entscheid kein absolutes Beweismass gefordert, (da es sich um eine hypothetische Betrachtung handelt). Klar ist hingegen, dass die betreffende Vergabestelle, welche sich auf die Ausnahme berufen will, nachweisen muss, dass sie a) eine Regelvergabe ernsthaft geprüft und sich für die Ausnahme erst nach entsprechenden Abklärungen und Bejahung der für die betreffende Ausnahme vorgesehenen Ausnahmegründe entschieden hat.
Konsequenzen für Vergabestellen
Eine Vergabestelle, welche darauf spekuliert, dass sie eine Begründung für eine Freihandvergabe erst nach Intervention eines Anbieters oder im Laufe eines Beschwerdeverfahrens nachreichen bzw. dann entsprechende Abklärungen noch vornehmen kann, wird in Zukunft gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts damit rechnen müssen, bereits aus formellen Gründen mit einer solchen Vergabe zu scheitern. Überdies macht sich bei solchen Ausnahmebewilligungen eine im Nachgang noch «konstruierte» Begründung (selbst dann, wenn die Voraussetzungen eigentlich erfüllt wären) auch nicht als besonders glaubwürdig. Eine Vergabestelle hingegen, welche sich sorgfältig mit den Anforderungen einer Freihandvergabe auseinandersetzt und die Interessenabwägung – bevor überhaupt über die Vergabe entschieden wird – sorgfältig vornimmt und diese Abklärungen dokumentiert, wird den Beweis, die Vergabe korrekt vorgenommen zu haben, auch nach den Anforderungen des neuen Bundesgerichts-Entscheides erbringen können (sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen).
Fazit:
Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben. Eine Vergabestelle darf nur dann zur Ausnahme greifen, wenn sie nach Prüfung des «normalen Weges» zum Schluss kommt, dass dieser aus den in den Ausnahmetatbeständen genannten Gründen und Voraussetzungen unverhältnismässig wäre. Dieser Grundsatz ist nicht nur im Beschaffungsrecht, sondern auch auf andere Rechtsgebiete anwendbar. Es kann dabei etwa auf die Rechtsprechung zu Ausnahmebewilligungen beim Lärmschutz von Bauten verwiesen werden. Entsprechend ist das «direkte Ansteuern» der Ausnahme sowohl rechtlich wie sachlich mit Risiken behaftet. Denn im Falle eines Beschwerdeverfahrens muss die Vergabestelle nachweisen können, dass sie, bevor sie sich für die Ausnahme entschieden hat: a) den normalen Weg in Betracht gezogen hat, b) Nachforschungen ergeben haben, dass dieser normale Weg unverhältnismässig wäre, bzw. den Zielen des Vergaberechts widersprechen würde. Nur in solchen Fällen kann c) d.h. die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Freihandvergabe bejaht werden.